Rat und Stadtbezirksräte

Vorlage - 17-04086-01  

Betreff: Einhaltung Abwasserentsorgungsvertrag
Status:öffentlichVorlage-Art:Mitteilung
Aktenzeichen:66.5Bezüglich:
17-04086
Federführend:66 Fachbereich Tiefbau und Verkehr   
Beratungsfolge:
Bauausschuss zur Kenntnis
14.03.2017 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen   
Verwaltungsausschuss zur Kenntnis
21.03.2017    Sitzung des Verwaltungsausschusses      
Rat der Stadt Braunschweig zur Kenntnis
28.03.2017 
Sitzung des Rates der Stadt Braunschweig zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlage/n

Sachverhalt:


Die Fraktion DIE LINKE hat mit Datum 1. März 2017 beantragt, dass der Rat der Stadt Braunschweig einen sieben Punkte umfassenden Beschluss fasst.

 

Die Punkte beziehen sich auf die Ergebnisse des Vertragserfüllungsgutachtens zum Abwasserentsorgungsvertrag, welche dem Bauausschuss am 20.12.2016 mitgeteilt wurden (Drucksache Nr. 16-03465). Zuvor war das Vertragserfüllungsgutachten durch die Verwaltung in allen Fraktionen vorgestellt worden. In der Sitzung des Bauausschusses hatte Prof. Mennerich die Ergebnisse seines Querschnittsgutachtens zum Vertragserfüllungsgutachten anhand einer Präsentation zusammengefasst vorgestellt und Fragen der Ausschussmitglieder beantwortet. Der Betrieb von Kläranlage und Kanalnetz sind im öffentlichen Interesse erfolgt und Anhaltspunkte für Unwirtschaftlichkeit waren nicht erkennbar.

 

Zu den im Beschlussvorschlag vorgebrachten Punkten teilt die Verwaltung im Einzelnen mit:

 

Zu 1.:
„Die jährliche Sanierungsrate von durchschnittlich 1,25 % und mindestens 1,1 % wird beibehalten und nicht wie von der Verwaltung vorgeschlagen auf einen „Leitwert von 0,9 %“ abgesenkt.“:

Intention des Abwasserentsorgungsvertrages (AEV) ist es, einen Werteverzehr und eine Substanzverschlechterung des Entwässerungsnetzes über die Vertragslaufzeit zu verhindern.

Die Verwaltung hat deswegen vorgeschlagen, grundsätzlich weiterhin eine Sanierungsrate von 1,1 % anzustreben, weil sie ein Indikator für die Entwicklung des Anlagenbestandes ist, der ohne großen Aufwand und ohne detaillierte Kenntnisse über Art und Alter der sanierten Haltung zu ermitteln ist. Da die Sanierungsrate aber kein direktes Maß für den Zustand des Netzes ist, schließt sich die Verwaltung dem Gutachter an, der empfiehlt, die Erneuerungsrate nicht als hartes Prüfkriterium für die Vertragserfüllung zu nutzen, sondern als einen Leitwert, an dem beide Vertragsparteien die Sanierungsstrategie ausrichten. Stattdessen werden, um der Intention des AEV zu entsprechen, Kennzahlen benötigt, die den tatsächlichen Substanzwert des gesamten Anlagevermögens beschreiben. Daher schlägt die Verwaltung auch hier vor, der Empfehlung des Gutachters zu folgen und eine weitere Kennzahl zu etablieren, die sich auf den Substanzwert bezieht. Sollte nun zukünftig die angestrebte Sanierungsrate unterschritten werden, sind mindestens die Einhaltung eines noch zu bestimmenden Substanzwertes nachzuweisen und die Einhaltung eines Mindestwertes bzw. Leitwertes von 0,9% an dem die Sanierungsstrategie auszurichten ist. Weiterhin müssen die vertraglich vorgesehen Schadensklassensummen ohnehin erreicht werden.
 

Zu 2.:

„Die Nichteinhaltung von Kennzahlen wird nicht akzeptiert“:

Die Aufgaben und Kennzahlen gem. AEV wurden von der SE|BS nahezu vollständig positiv erfüllt. Lediglich die mit der Sanierungsrate einhergehenden Parameter, wie z. B. der Altersschwerpunkt und die Restnutzungsdauer, wurden nicht eingehalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der Privatisierung erst etwa 64 % des Kanalnetzes durch Kamerabefahrung erfasst und damit bekannt waren. Gemäß der weiteren Erfassung des Kanalnetzes ergibt sich der Altersschwerpunkt zu Vertragsbeginn zu 33,6 Jahren. Die Auswertung zeigt, dass zum Vertragsabschluss der Kenntnisstand über das Kanalnetz noch unvollständig war. Daher sind aus heutiger Sicht nicht alle im Vertrag genannten Prüfkriterien gleichermaßen gut zur Überprüfung der Zielerreichung geeignet. Die Forderung nach einer Verbesserung des Altersschwerpunktes und die geforderte Sanierungsrate korrespondieren nicht. Bei Einhaltung einer Sanierungsrate von 1,1 bzw. 1,25 % ergibt sich langfristig ein Altersschwerpunkt von über 40 Jahren. Zudem lässt die derzeitige Abbildung der Kennzahlen gem. AEV keine ganzheitliche Bewertung aller Anlagengüter zu. Neben diesem Sachverhalt werden derzeit vom Planbudget auch viele kennzahlenunabhängige aber fachlich sinnvolle und notwendige Investitionen getätigt.

Die Verwaltung hält es für richtig, grundsätzlich an der Einhaltung von Kennzahlen über die gesamte Vertragslaufzeit festzuhalten. Allerdings sieht sie die Notwendigkeit, den aktuellen Kenntnisstand über das Kanalnetz und den Einfluss von kennzahlenunabhängigen Investitionen bei der Betrachtung einfließen zu lassen. Nur damit sind ein Werteverzehr und eine Substanzverschlechterung des Entwässerungsnetzes zu verhindern.
 

Zu 3.:
„Die jeweiligen Investitionsjahrespläne sind dem Rat vorab zur Beschlussfassung vorzulegen.“:

Der AEV enthält in der Anlage 4.2 „Investitionskonzept“ eine Aufstellung der zu erneuernden Kanäle. Diese Kanäle werden von der SE|BS sukzessiv ausgetauscht und finden sich in den Investitionsplänen wieder. Mit Abschluss des AEV wurden diese Maßnahmen vom Rat zur Umsetzung beschlossen. Zudem hat die SE|BS die jährlich geplanten Investitionen der Stadt mitzuteilen. Die in der Koordinierung mit den anderen Leitungsträgern abgestimmten Maßnahmen der Investitionsliste werden jeweils in die Haushaltsplanung für die Sonderrechnung Stadtentwässerung aufgenommen (Ergänzende Erläuterungen zu dem Kapitalkostenentgelt „Investitionen“), die vom Rat beschlossen wird. Damit sind die Investitionsjahrespläne ohnehin Gegenstand der Beschlussfassungen im Rat.

 

Zu 4.:
„Die Verwaltung wird gebeten, dem Rat in 2017 darzustellen, ob es von 2013 - 2017 zu einer Überschreitung der Grenzwerte bei Phosphor gekommen ist und welche Maßnahmen erfolgt sind bzw. erfolgen sollen, um die Einhaltung der Grenzwerte zu erreichen.“:

Bei der behördlichen Überwachung ist es in den Jahren 2013 - 2017 bisher zu zwei Überschreitungen des Grenzwertes Phosphor (P) im Jahr 2013 gekommen. Diese haben zu keinen Konsequenzen aufgrund der Vier-von-fünf-Regelung geführt (4 von 5 nacheinander überprüfte Messwerte waren unterhalb des Grenzwertes). In der behördlichen Überwachung wurden 2014 - 2017 bisher keine Überschreitungen gemessen. Nur in der Eigenüberwachung lagen ca. 5 % der Messwerte (bei jährlich 360 Messungen) geringfügig über dem Grenzwert. Die Überschreitungen rühren aus der Herabsetzung des Grenzwertes für Phosphor von 1,5 mg/l auf 1,0 mg/l im Jahr 2011.

In Abstimmung mit der Stadt und der SE|BS hat der Abwasserverband Braunschweig (AVB) mehrere Maßnahmen ergriffen:
 

- In 2015 und 2016 wurde die Baumaßnahme „Hydraulische Neuausrichtung“ durchgeführt, um den Eintrag von P aus der Kläranlage in die Rieselfelder zu verringern.
 

- Der Kohligraben im Rieselfeld wurde verfüllt, um den Zufluss von P-haltigen Wasser in den Aue-Oker-Kanal (dort befindet sich die Probenahmestelle) zu verringern.
 

- In der „Flutmulde“, einem 200.000 m³ großen Speicher im Rieselfeld, wurde ein Damm errichtet, der den Zufluss von P-haltigen Wasser in den Aue-Oker-Kanal verringert.
 

- Mit dem, sich in der Umsetzung befindlichem, Großprojekt „Klärwert“ soll ab 2018 die
P-Entfernung auf der Kläranlage verbessert werden, so dass der Eintrag von P in das Rieselfeld noch weiter gesenkt wird.
 

Zu 5.:
„Die Verwaltung wird gebeten, dem Rat in 2017 darzustellen, ob von 2013 - 2017 Maßnahmen gegen die erhebliche Verschlammung der Rieselfelder ergriffen wurden, welche Maßnahmen zukünftig geplant sind und ob die Rieselfelder ihre Funktion überhaupt noch erfüllen. Insbesondere ist darzustellen, ob die in 2017 geplante Entschlammung das Problem nachhaltig löst.“:

Die Rieselfelder sind nicht insgesamt übermäßig verschlammt, lediglich der Rieselfeldspeicher (ein Speicherteich mit ca. 70.000 m³ Inhalt) weist nach 20 Betriebsjahren eine erhebliche Verschlammung auf und ist nicht mehr ausreichend nutzbar. Der Rieselfeldspeicher und später auch die Flutmulde wurden errichtet, um u. a. Abwasser aus der Kläranlage mit erhöhten P-Werten aufzufangen, damit diese nicht in die übrigen Rieselfelder gelangen. Diese Maßnahme hat zu einer deutlichen Verbesserung der Ablaufqualität des Aue-Oker-Kanals beigetragen. Die Entschlammung des Rieselfeldspeichers wird dazu führen, dass der Speicher wieder vollständig nutzbar ist und die restlichen Rieselfelder weiterhin nachhaltig vor hohen P-Einträgen geschützt werden.

Die Rieselfelder sind weiterhin ein unverzichtbarer Bestandteil der Abwasserreinigung mit hoher Leistungsfähigkeit, so wie es in Kapitel 4.2. des Spartengutachtens Kläranlage dargestellt ist.
 

Zu 6.:
„Die Verwaltung wird gebeten, dem Rat in 2017 darzustellen, ob es durch die Anpassung der Grenzwerte für Cadmium und Quecksilber seit 2015 zu einer Überschreitung der Schwermetallgrenzwerte im Klärschlamm gekommen ist. Falls diese Überschreitungen stattgefunden haben, sind sofort Maßnahmen zu einer Absenkung der Konzentration durchzuführen.“

Trotz der deutlichen Verschärfung der Grenzwerte ab 2015 sind keine Überschreitungen bei den Schwermetallgrenzwerten im entwässerten Klärschlamm aufgetreten.

Um die Werte für Cadmium und Quecksilber dennoch nachhaltig zu senken, ist seit 2014 die Indirekteinleiterüberwachung in Braunschweig intensiviert worden. Unter anderem wird ein zusätzliches Überwachungsprogramm durchgeführt, in dem umfangreiche Untersuchungen im Kanalnetz der Stadt sowie des AVB erfolgen.

Aufgrund der Düngeverordnung wird ab 2017 bereits ein Drittel des Klärschlammes nicht mehr landwirtschaftlich, sondern thermisch verwertet. Sollten erhöhte Schwermetallwerte auftreten, würde dieser Klärschlamm separiert und gesondert der Verbrennung zugeführt werden.
 


 

Zu 7.:
Die Verwaltung wird gebeten, von der SE|BS zu verlangen, dass der Personalbestand für den Betrieb der Kläranlage, der sich zum Ende des letzten Gutachtens (2012) an der unteren Grenze des nach dem Merkblatt ATV-M 271 ermittelten Bedarfes befand, auf einen Mittelwert angehoben wird.“

Der aktuelle Personalbestand für den Betrieb der Kläranlage beträgt 26 gewerbliche Mitarbeiter sowie 3 Meister/Techniker und 1 Ingenieur (1/2017) und ist somit bereits höher als 2013. In dem Spartengutachten Klärwerk (2014) wird der SE|BS eine hohe Qualität der Arbeit bescheinigt, trotz einer gegenüber dem DWA (ATV)-Merkblatt „dünnen“ Personaldecke. Die Verwaltung hat keinen Einfluss auf die personalwirtschaftlichen Planungen der SE|BS. Maßstab für die Vertragserfüllung ist die erbrachte Leistung, nicht der Personalaufwand.
 

Die SE|BS ist über den AEV zu einer umfangreichen Berichterstattung ihrer Leistungserbringung verpflichtet. Daher regt die Verwaltung an, den in diesem Zusammenhang von der SE|BS zu erstellenden Jahresbericht über eine Mitteilung im Bauausschuss jeweils auch der Politik zur Kenntnis zu geben.
 

 


Anlage/n:

keine

 

 

Stammbaum:
17-04086   Einhaltung Abwasserentsorgungsvertrag   0100 Steuerungsdienst   Antrag (öffentlich)
17-04086-01   Einhaltung Abwasserentsorgungsvertrag   66 Fachbereich Tiefbau und Verkehr   Mitteilung
17-04237   Änderungsantrag zur Vorlage 17-04086 - Einhaltung Abwasserentsorgungsvertrag   0100 Steuerungsdienst   Antrag (öffentlich)

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