Rat und Stadtbezirksräte
Vorlage - 17-04871
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Sachverhalt:
Im Hinblick auf die Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen werden in Braunschweig auch mit Beginn des neuen Kindergartenjahres die gültigen Zielquoten von 40% bzw. 100% erreicht. Allerdings wünschen sich zwischenzeitlich durchschnittlich 43,6% der Eltern in Niedersachsen einen Betreuungsplatz für ihr Kind unter drei Jahren (vgl. Veröffentlichung des BMFSFJ „Kindertagesbetreuung Kompakt -Ausbaustand und Bedarf 2016“). Diese Zahl des Bundesministeriums wird auch für das neue Kindergartenjahr durch die ungewöhnlich starke Nachfrage in Braunschweig bei den Voranmeldungen für Krippenplätze sowie der Betreuungsanfragen für Kindertagespflege vor Ort in Braunschweig bestätigt. Auch kommunale Elternbefragungen des Forschungsverbundes der TU Dortmund und des DJI bestätigen bereits seit 2013 Betreuungsbedarfe von bis zu 60 % vornehmlich im städtischen Bereich.
Anders als in vorhergehenden Jahren, sind bereits zu Beginn des Kindergartenjahres so gut wie keine freien Plätze aus den Kitas an die Platzvermittlung gemeldet worden. Auch wenn im August/September noch freie Kapazitäten bestanden, sind diese auf die gestaffelte Aufnahme von neuen Kindern bis zum Jahresende zurückzuführen.
Das Verzeichnis der Kindertagesstätten in der Stadt Braunschweig, weist erstmals keine freien Plätze mehr auf. Dies bedeutet, dass für unterjährige Aufnahmen nur in sehr begrenztem Umfang Kapazitäten zur Verfügung stehen (z.B. durch Wegzüge oder unterjährigen Wechsel von der Krippe in die Kita).
Hinzu kommt, dass die Prognosen der Kinderzahlen für die 0-3-jährigen sowie die 3-6-jährigen Kinder in der Stadt Braunschweig in den nächsten Jahren einen weiteren Anstieg ausweisen.
Daher erscheint ein weiterer Ausbau der Kinderbetreuungsangebote in Braunschweig geboten.
Die Prognosen der Kinderzahlen für die 0-3-jährigen sowie die 3-6-jährigen Kinder in der Stadt Braunschweig ist in den nächsten Jahren weiter steigend. Bei den Unterdreijährigen ist zudem die IST-Entwicklung im Jahr 2016 stärker gestiegen als prognostiziert, so dass davon auszugehen ist, dass in den Folgejahren eine Überschreitung der Prognosezahlen erfolgt. Die Prognosedaten sind in den Anlagen 1a und 1b graphisch und zahlenmäßig dargestellt.
Grundlage für die Bedarfsschätzung ist die Bevölkerungsprognose 2013-2030 (Basisjahr 2012) des Referates Stadtentwicklung. Der Rückgang erklärt sich u.a. durch deutlich mehr Wanderungsverluste (Wegzüge aus Braunschweig) bei den 4-bis 5-Jährigen als in den Prognosedaten angenommen wurden. Diese werden als vorübergehend bis zur Fertigstellung neuer Projekte für Familienwohnen angesehen. Grundsätzlich sind kurzfristige Schwankungen jedoch insbesondere bei vergleichsweise kleinen Altersgruppen wie bei den 0-3 oder 3-6jährigen üblich und gleichen sich oft durch die Entwicklung in den Folgejahren aus. Die tatsächliche weitere Entwicklung bleibt abzuwarten und wäre durch kontinuierliche Anpassungen im Planungsprozess auszugleichen. Nach der Bevölkerungsprognose 2013-2030 werden die Kinderzahlen ab 2022 rückläufig sein. Dabei bleibt die tatsächliche Entwicklung abzuwarten.
Neben dem Anstieg der Kinderzahlen steigt die Nachfrage und Inanspruchnahme der Familien nach Betreuungsplätzen insbesondere für unterdreijährige Kinder deutlich. Dies führt zu einer notwendigen Anhebung der Zielquote für die Betreuung unterdreijähriger Kinder.
Auch unter Berücksichtigung der bestehenden Fördermöglichkeiten von Investitionen zur Schaffung neuer U3-Betreuungsplätze in Niedersachsen, die ab dem 1. Juli 2016 begonnen und bis zum 30. Juni 2022 abgeschlossen sind, im Rahmen der „Richtlinie Ausbau Tagesbetreuung“ (RAT V) ist es notwendig und sinnvoll, zur Erfüllung der Rechtsansprüche zusätzliche Betreuungsplätze im Krippen- und Kindergartenbereich in der Stadt Braunschweig zu schaffen. Da die begrenzten Fördermittel nach dem „Windhundverfahren“ bewilligt werden (Ziff. 7.5 der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für den weiteren Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren – RdErl. MK vom 18.5.2017 – 21.2-51311/12 – Die Bewilligung der Zuwendung erfolgt in der Reihenfolge des Eingangs der vollständigen Anträge) erhöht eine frühzeitige Beantragung die Chancen einer Förderung.
Bereits im U3-Ausbau der Jahre 2008 bis 2014 galt die Regelung, dass reine Krippeneinrichtungen (Satelliteneinrichtungen) die Bindung an eine bestehende Kindertagesstätte sowohl konzeptionell als auch in der gelebten Praxis als Förderungsvoraussetzung nachzuweisen haben. Es hat sich gezeigt, dass diese Kooperationen in der Praxis nicht konsequent umgesetzt werden und es daher zu Problemen beim Wechsel aus der Krippe in den Kindergarten kommen kann. Entsprechend sollten bei der Realisierung zusätzlicher U3-Plätze auch Kindergartenplätze vorhanden sein oder eingeplant werden.
Aus dem individuell einklagbaren Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz bis zur Einschulung leitet sich für die Stadt Braunschweig ein Haftungsrisiko (Schadensersatzanspruch) ab. Stehen nicht genügend Betreuungsplätze zur Verfügung, könnten gegebenenfalls erhebliche Mittel aufgewandt werden müssen, um Schadensersatzansprüche zu befriedigen.
Da die Kapazitäten im Bereich der Hochbauverwaltung weitgehend ausgelastet sind, müssen teils neue Wege bei der Schaffung zusätzlicher Betreuungsangebote beschritten werden. In der Vergangenheit wurden Kindertagesstätten häufig von der Stadt erstellt und dann in Betriebsträgerschaft an freie Träger vergeben. Bei den jetzt erforderlichen Ausbauten soll die Stadt nur noch dann als Bauherrin auftreten, wenn die erforderlichen Bauten nicht durch Dritte erstellt werden können.
Ermittlung zusätzlicher Platzbedarfe
Nach derzeitigem Stand wird die maximale Kinderzahl bei den Unterdreijährigen laut Prognose in den Jahren 2021/2022 erreicht. Es ist allerdings davon auszugehen, dass aufgrund des gesellschaftlichen Wandels im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und dem zunehmenden Wunsch, frühzeitig wieder in den Job einsteigen zu können, die Plätze langfristig benötigt werden. Nach aktueller Erkenntnis werden die Kindertreuungsplätze weiterhin benötigt.
Um die aus heutiger Sicht notwendigen Betreuungsbedarfe abzubilden, wird hier beispielhaft das Jahr 2022 dargestellt. Der voraussichtlichen Kinderzahl im Jahr 2022 und den sich daraus ergebenden Platzbedarfen sind die aktuell verfügbaren Plätze (Stand Dezember 2016) gegenüber zu stellen. Es ergeben sich die folgenden Platzbedarfe:
| Städtische Zielquote | Prognose Kinderzahl 2022 | Prognose Platzbedarfe 2022 | verfügbare Plätze Dez. 2016 | zu schaffende Plätze | zu schaffende Plätze gerundet |
0-3 Jahre | 40 % | 6.963 | 2.785 | 2.692 | 93 | 100 |
0-3 Jahre | 45 % | 6.963 | 3.134 | 2.692 | 442 | 450 |
3-6 Jahre | 100% | 6.696 | 6.696 | 6.233 | 463 | 470 |
Die zu schaffenden rund 450 U3-Plätze entsprechen 33 neuen Krippengruppen mit jeweils 15 bzw. 12 Plätzen.
Die zu schaffenden rund 470 Ü3-Plätze entsprechen 19 Kindergartengruppen mit jeweils 25 Plätzen.
Umsetzung
Durch den Betreuungsausbau der vergangenen Jahre sind die An- und Umbaukapazitäten in bestehenden Einrichtungen nahezu ausgeschöpft. Trotzdem ist eine Prüfung unter Einbeziehung aller Kita-Träger sowie des Dachverbandes der Elterninitiativen vorgesehen. Dies schließt auch die Option zur Verlagerung der in Kindertagesstätten verbliebenen Hortgruppen ein.
Ein Großteil dieser U3-/Ü3-Plätze wird jedoch durch Neubauprojekte geschaffen werden müssen. Hierzu bestehen in Zusammenhang mit der Erschließung von Neubaugebieten und der grundsätzlichen Stadtentwicklung bereits Planungen für Kita-Neubauten zur Deckung der Bedarfe aus den Neubaugebieten, die überwiegend durch die Bauträger/Investoren der Baugebiete umgesetzt werden.
Konkret wurden/werden folgende Projekte umgesetzt:
Einrichtung/Träger | Bau durch | Inbetriebnahme/ (Umsetzung) | Krippenplätze* | Kindergartenplätze |
Till Eulenspiegel Daimlerstraße | - | 1/2017 | 15 | - |
Kita Lammer Busch Ost II – AWO | Stadt | 2/2018 | 27 | 25 |
Internationale Kita – CJD | Investor | 8/2018 | 27 | 60 |
Kita Mittgaustraße - Johanniter | Investor | 8/2019 | 42 | 43** |
Kita Alsterplatz | Investor | (2019/2020) | 27 | - |
Kita Heinrich-der Löwe | Investor | (2019/2020) | 42 | 43** |
Kita Stöckheim-Süd | Stadt/Inv. | (2019/2020) | 27 | 50 |
Kita Mittelweg | Investor | (2019/2020) | 42 | 50 |
Summe |
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| 249 | 271 |
*bei mehr als 1 Krippengruppe wird 1 Gruppe mit Absenkung gem. 1. DVO-KitaG § 2 (1) geplant
**Reduzierung der Gruppengröße wegen möglicher integrativer Angebote
Zur Schaffung weiterer Plätze wird unter Berücksichtigung vorhandener Flächen und Ressourcen. ein Standortkonzept erarbeitet und umgesetzt. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den freien Trägern und sonstigen Investoren sowie allen beteiligten Fachbereichen.
Personalbedarf
Die Erarbeitung und Umsetzung des Standortkonzeptes und Ausbauprogramms muss personell begleitet werden und fordert zunächst eine koordinierende Stelle. Zusätzliche Stellenbedarfe können sich in den Bereichen Planung, Platzvermittlung, Kindertagesstättenförderung, Entgeltberechnung sowie ggf. Hochbau (Planung und Bauausführung) ergeben. Die stellenplanmäßigen Konsequenzen werden gegebenenfalls in einer gesonderten Vorlage vorgelegt.
Finanzielle Auswirkungen
Eine Umsetzung des zu erarbeitenden Standortkonzeptes soll vorrangig durch Investorenmodelle erfolgen. Investitionen durch die Stadt sollen nur in Ausnahmefällen getätigt werden.
Für die Schaffung von rund 450 neuen U3-Plätze können bis zu 5,4 Mio. € an Fördermitteln entsprechend der Richtlinie Ausbau Tagesbetreuung (RAT V) beantragt werden. Die Förderung beträgt 12.000 € pro Krippenplatz. Da die Vergabe der Fördermittel auf die Gesamtsumme der landesweit zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt ist und diese nach Reihenfolge aller Antragseingänge vergeben werden, kann nicht eingeschätzt werden, ob die genannte Fördersumme für Braunschweig bewilligt wird.
Beschluss:
1. Aufgrund der steigenden Inanspruchnahme von Betreuungsplätzen für unter dreijährige Kinder (U3) und der steigenden Kinderzahlen für die 0-3-Jährigen sowie die 3-6-Jährigen entsprechend der aktuell gültigen Prognosen wird die Verwaltung beauftragt, den weiteren bedarfsgerechten Ausbau der Betreuungsplätze zu prüfen. 2. Die Verwaltung wird ermächtigt in Abstimmung mit den freien Trägern von Kindertagesstätten ein Standortkonzept zur Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze unter Berücksichtigung planungsrelevanter und sozialraumorientierter Bedarfe durch Neubau, Umbau, Anbau oder Umnutzung geeigneter Räumlichkeiten zu erarbeiten und umzusetzen.
3. Dabei wird erstmalig angestrebt, die erforderlichen Betreuungseinrichtungen bzw. zusätzliche Plätze durch Dritte (freie Träger, sonstige Investoren) herstellen zu lassen. Entsprechende Angebote werden im Rahmen der Erarbeitung des Standortkonzepts geprüft und von dieser Möglichkeit vorrangig Gebrauch gemacht. Nur für den Fall, dass sich der Bedarf durch diese zusätzlichen Plätze nicht decken lässt, soll die Stadt als Bauherrin auftreten. Die Konkretisierung dieser Maßnahmen erfolgt im Rahmen der jeweiligen Einzelbeschlüsse zur Objekt- und Kostenfeststellung.
4. Im Rahmen des Standortkonzeptes werden Aussagen zur konkreten Finanzierung der Maßnahmen getroffen.
5. Die Erarbeitung und Umsetzung des Standortkonzeptes und Ausbauprogramms muss personell begleitet werden. Zusätzliche Stellenbedarfe können sich in den Bereichen Planung, Platzvermittlung, Kindertagesstättenförderung, Entgeltberechnung sowie ggf. Hochbau (Planung und Bauausführung) ergeben. Die stellenplanmäßigen Konsequenzen werden gegebenenfalls in einer gesonderten Vorlage vorgelegt. |
Anlage/n:
Anlage Bevölkerungsentwicklung
Anlagen: | ||||
Nr. | Name | |||
1 | Anlage Bevölkerungsentwicklung (45 KB) |