Rat und Stadtbezirksräte

Vorlage - 19-11054  

Betreff: Ökologisches Förderprogramm
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:67 Fachbereich Stadtgrün und Sport   
Beratungsfolge:
Grünflächenausschuss Vorberatung
04.06.2019 
Sitzung des Grünflächenausschusses ungeändert beschlossen   
Verwaltungsausschuss Vorberatung
18.06.2019    Sitzung des Verwaltungsausschusses      
Rat der Stadt Braunschweig Entscheidung
25.06.2019 
Sitzung des Rates der Stadt Braunschweig ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n
Anlagen:
Förderrichtlinie
Zuschusskategorien

Sachverhalt:

 

Der Rat hat im Zuge der Haushaltsberatungen 2018 beschlossen, dass aus den 1990er Jahren stammende ökologische Förderprogramm zur Begrünung von Dächern, Fassaden, Innenhöfen und Vorgärten zu reaktivieren und 50.000 Euro an Fördermitteln für das Haushaltsjahr 2018 im Teilhaushalt des Fachbereiches Stadtgrün und Sport zur Verfügung zu stellen. Parallel hat der Rat beschlossen, zur Umsetzung dieses Förderprogramms eine E11-Stelle befristet bis Ende 2019 zu schaffen.

 

Nach Freigabe des Haushalts einschließlich des Stellenplans Mitte 2018 ist ein Stellenbesetzungsverfahren durchgeführt worden. Die tatsächliche Besetzung der Stelle erfolgte zum 1.12.2018. Das Beschäftigungsverhältnis mit der eingesetzten Person wurde bereits während der Probezeit zu Ende Januar 2019 beendet. Am 11.02.2019 nahm eine andere Person ihre Beschäftigung im Fachbereich Stadtgrün und Sport auf und konnte nach einer kurzen Einarbeitungsphase mit der Überarbeitung und inhaltlichen Neufassung der Förderrichtlinie zur Begrünung von Dächern, Fassaden, Innenhöfen und Vorgärten beginnen.

 

Dieser in weiten Teilen neu gefasste und um die Fördertatbestände „Flächenentsiegelungen“ und „Baumpflanzungen“ ergänzte Entwurf einer Förderrichtlinie „Ungenutzte Ressource Privatgrün: Förderung privater und gewerblicher Bauwerks- und Umfeldbegrünung“ wurde gemeinsam mit einer ausführlichen Richtlinienbegründung zur Sitzung des Grünflächenausschusses am 08.05.2019 zur Aussprache und fachlichen Erörterung durch die Verwaltung vorgelegt.

 

Der Richtlinienentwurf stieß bei den Ausschussmitgliedern auf Zustimmung. Ergänzende Hinweise zum Ausschluss der Förderung des Rückbaues von Schottergärten sowie der Förderung von Kunstrasenflächen wurden in den nunmehr zur Entscheidung vorgelegten Richtlinienentwurf eingearbeitet. Die vom städtischen Rechtsreferat im Rahmen der rechtlichen Prüfung gegebenen Hinweise zur Klarstellung zuwendungsrechtlicher Aspekte sind ebenfalls in die Richtlinie aufgenommen worden.

Im Folgenden werden die Ziele und Wirkungen, die mit der Förderung von Bauwerks- und Umfeldbegrünungen erreicht werden sollen, beschrieben und die wesentlichen inhaltlichen Aspekte des Richtlinienentwurfs dargestellt.

 

Die Stadt Braunschweig strebt an, die stadtklimatische Situation zu verbessern und hierfür urbane Grün- und Freiflächen zu schaffen und zu entwickeln. Als sinnvolle Instrumente zur Schaffung von mehr städtischem Grün bei gleichzeitiger höherer städtebaulicher Verdichtung dienen die Fassaden- und Dachbegrünung, die Schaffung eines kleinräumigen Grünnetzes in Form von begrünten Innenhöfen und Vorgärten, die allgemeine Flächenentsiegelung und Baumneupflanzungen. Diese sind u. a. als wirksame Maßnahmen in der Leitlinie für eine klimagerechte Bauleitplanung sowie im Integrierten Stadtentwicklungskonzept 2030 benannt.

 

Um Anreize für Privateigentümer zur Umsetzung entsprechender Maßnahmen zu schaffen, hat der Fachbereich Stadtgrün und Sport im Jahr 2017 eine Projektskizze mit dem Titel „Ungenutzte Ressource Privatgrün - Klimaschutz durch Förderung privater Bauwerks- und Wohnumfeldbegrünung in Braunschweig“ erarbeitet. Diese wurde gemeinsam mit einer inhaltlich ähnlichen Projektskizze für städtische Flächen als Förderantrag im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative eingereicht. Die jährliche CO2-Reduzierung der darin skizzierten Fördermaßnahmen für private Dach-, Fassaden-, Innenhof- und Vorgartenbegrünungen wurde mit insgesamt ca. 43,5 t CO2-Äquivalente beziffert. Während die Förderung des Modellprojektes für städtische Flächen und Liegenschaften positiv beschieden wurde, erfüllte die Projektskizze „Ungenutzte Ressource Privatgrün“ die Auswahlkriterien für eine Förderung mit bundeseigenen Mitteln nicht und wurde mit der Begründung ihrer Ausrichtung auf nichtstädtische Flächen vom Fördergeber abgelehnt.

 

Die Stadt Braunschweig erkennt jedoch die ökologische, städtebaulich-gestalterische und gesundheitliche Bedeutung privater Initiativen zur Schaffung kleinräumiger Grün- und Entsiegelungsflächen an und initiiert mit dem vorliegenden Programm die Wiederaufnahme der Begrünungsstrategie aus den 1990-er Jahren. Im Haushaltsplan für 2018 wurden daher die vorstehend schon erwähnten Fördergelder in Höhe von 50.000 Euro für die Unterstützung privater Antragsteller bei der Entsiegelung von Flächen und Begrünung von Gebäuden in den Haushalt eingestellt, die ins Jahr 2019 übertragen wurden.

 

Wesentliche Inhalte der Förderrichtlinie

Vordergründige Ziele des Förderprogramms sind die Verbesserung des ökologischen Stadtklimas hinsichtlich Lufthygiene, Lärmminderung und Schaffung von Kleinbiotopen für Tiere und Pflanzen in städtisch verdichteten Gebieten. Daneben wirkt das Förderprogramm auch positiv auf das gemeinschaftliche Zusammenleben, die individuelle Gesundheit und das Wohnumfeld sowie kann eine höhere regionale Wertschöpfung erzeugen.

 

Private Dach-, Fassaden-, Innenhof- sowie Vorgartenbegrünungen, Flächenentsiegelungen und Baumpflanzungen sind im Grundsatz als Komplementärmaßnahmen zu anderen in der Regel von der Kommunalverwaltung direkt gesteuerten oder realisierten Maßnahmen mit wohnumfeldverbessernder Wirkung zu betrachten. Hierunter fallen z. B. die gebietsbezogene Verkehrsberuhigung, die Verbesserung der quantitativen und qualitativen Ausstattung von Stadtteilen mit wohnungsnahen öffentlichen Grün-, Frei- und Spielflächen, Baumpflanzaktionen sowie diverse Maßnahmen der Stadtsanierung und -erneuerung. Die Realisierung entsprechender Maßnahmen gestaltet sich in der Regel sehr zeit- und kostenintensiv und ist zum Teil abhängig von der Bereitstellung von Fördermitteln durch Land oder Bund.

 

Das hier vorgelegte Förderprogramm richtet sich im Schwerpunkt als Instrument einer sozial- und umweltpolitisch verträglichen Stadterneuerung bzw. Stadtinnenentwicklung am Prinzip der sog. „Hilfe zur Selbsthilfe“ aus, indem es Anreize zur Verstärkung der Eigeninitiative bei der Verbesserung des Wohnumfeldes bietet. Den Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt Braunschweig wird durch das Förderprogramm die Möglichkeit gegeben, selbst zur Verbesserung der städtebaulichen, stadtklimatischen und ökologischen Gegebenheiten aktiv beizutragen und damit das Gemeinwohl zu fördern.

 

Das Programm beruht auf einem multifunktionalen Ansatz, der

-       soziale Komponenten (z. B. Initiierung von Gemeinschaftsprojekten bei der Begrünung und Umgestaltung von Innenhöfen und dadurch bedingtes Herauslösen vieler Mieter in mehrgeschossigen Wohnblöcken aus der oftmals vorhandenen Anonymität),

-       ökologische Komponenten (z. B. Entwicklung und Vernetzung von Biotopstrukturen für heimische Tier- und Pflanzenarten, Verbesserung der kleinklimatischen Verhältnisse, Beitrag zur biologischen Artenvielfalt),

-       ökonomische Komponenten (z. B. regionale Wertschöpfung, Verbesserung der Auftragslage mittelständischer Unternehmen durch anteilige Finanzierung privater Investitionen, die sonst nicht oder in wesentlich geringerer Höhe getätigt werden, Entlastung des öffentlichen Entwässerungsnetzes),

-       städtebaulich-gestalterische Komponenten (z. B. Verbesserung der Qualitäten des Wohnumfeldes durch nutzungsorientierte Freiraumgestaltung, gestalterische Aufwertung reiner Zweckarchitektur durch Grünelemente, Ausgleich von Defiziten in der Versorgung mit öffentlichen Grünflächen),

-       siedlungssoziologische und -psychologische Komponenten (z. B. Naturerlebnis im unmittelbaren Wohnumfeld, Entwicklung von Aktions-, Kommunikations- und Erlebnisräumen, Schaffung von markanten und einprägsamen Identifikationsmerkmalen in einer stereotyp gestalteten Wohnumwelt)

 

miteinander verbindet und deshalb in vielen Teilbereichen des kommunalen Handlungsfeldes von Verwaltung und Politik Wirkungen entfaltet.

 

Förderprogramme zur ökologischen Stadtgestaltung und Wohnumfeldverbesserung werden seit Jahrzehnten vor allem in Großstädten gezielt für den sogenannten ökologischen Stadtumbau eingesetzt. Angesichts vielfältiger und weiter zunehmender Verkehrs- und Umweltbelastungen (Lärm, Abgase, Trockenperioden, Starkregen- und Starkwindereignisse etc.) verbunden mit dem Ziel nach doppelter Innenentwicklung scheint es in Braunschweig geboten, mittel- bis langfristige Konzepte zur Kompensation dieser Belastungen zu entwickeln und zu realisieren, um die Wohn- und Lebensqualität zu sichern bzw. zu verbessern. Die finanzielle Bezuschussung der Begrünung von Dächern, Fassaden, Innenhöfen und Vorgärten, für den Rückbau versiegelter Flächen sowie für Baumpflanzungen, insbesondere in bioklimatisch belasteten Bereichen, stellt in diesem Zusammenhang einen wesentlichen Baustein eines solchen Konzeptes dar.

 

Um den Unterschieden der bioklimatischen Belastungen in den einzelnen Stadtbereichen gerecht zu werden, ist eine differenzierte Förderung basierend auf den Ergebnissen der Stadtklimaanalyse für Braunschweig aus dem Jahr 2018 vorgesehen. Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen werden in Stadtbereichen mit sehr ungünstiger, ungünstiger und mittlerer bioklimatischer Situation stärker bezuschusst als in Stadtbereiche mit günstiger und sehr günstiger bioklimatischer Situation (entsprechende Karte siehe Anlage).

 

Ausdrücklich nicht förderfähig ist die Anlage sowie der Rückbau und die Neubegrünung von sogenannten „Schottergärten“, d. h. von Flächen mit hohem Gesteinsanteil und geringer Bepflanzung, bei der eine Humusschicht fehlt und Vlies bzw. Plastikfolie das Durchdringen von Pflanzen erschwert. Damit wird ausgeschlossen, dass eine Förderung für Anlagen erfolgt, die gegen die Niedersächsische Bauordnung, § 9 verstoßen. Ebenfalls nicht förderfähig ist die Anlage von sogenannten Gabionen (vertikale Behälter, die mit Steinen befüllt sind), da sie keinen bis geringen Nutzen für das lokale Mikroklima aufweisen.

 

Um die Qualität der Maßnahmendurchführung sicherzustellen, wird eine Kooperation mit regionalen Fachbetrieben angestrebt. Hier werden positive Synergieeffekte erwartet: Die Betriebe stellen die qualitative Ausführung der Maßnahmen sicher, dienen als wichtiger Multiplikator für die Bekanntmachung des Förderprogramms und binden Fördermittel in der Region.

 

Dachbegrünung

Es werden alle Maßnahmen zur Herstellung einer dauerhaft funktionsfähigen und zusammenhängenden Dachbegrünung, soweit sie von einem Fachbetrieb ausgeführt werden, gefördert. Als förderfähige Arten der Dachbegrünung werden unterschieden:

-       die extensive Dachbegrünung, die in der Regel nicht begehbar und relativ preisgünstig herstellbar ist. Der Pflegeaufwand ist gering,

-       die einfache Intensivbegrünung, die einen stärkeren Schichtaufbau als die Extensivbegrünung aufweist und auch die Verwendung von höherwachsenden Pflanzenarten ermöglicht,

-       die Intensivbegrünung als Begrünungsform u. a. für Loggien, Wohnterrassen, Dachgärten, Tiefgaragen etc. Die Anlage von intensiven Dachbegrünungen folgt überwiegend der Zielsetzung, benutz- und erlebbare grünbestimmte Freiräume zu entwickeln.

 

Begrünte Dächer haben folgende Funktionen und Wirkungen:

ökologisch:

-       Je nach Schichtdicke und Wasserspeicherfähigkeit wird bis zu 90 % des Niederschlagswassers zurückgehalten und durch Evaporation und Transpiration in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt. Diese Kreislaufrückführung trägt zur Verbesserung des städtischen Mikroklimas bei, da sich die Luftfeuchte in der unmittelbaren Nachbarschaft von begrünten Dächern erhöht.

-       Die Zurückhaltung und Vorreinigung von Niederschlagswasser auf begrünten Dächern führt zur Entlastung der Abwassersysteme und damit zu reduziertem Energieeinsatz für die Abwasserbehandlung, woraus CO2-Minderungen resultieren.

-       Die Temperatur der Umgebungsluft im Sommer reduziert sich im Vergleich zu nicht begrünten Flächen durch die energiezehrende Verdunstung und Transpiration sowie die verringerte Strahlungsreflexion.

-       Staubpartikel werden an oberirdischen Pflanzenteilen gebunden. Damit haben begrünte Dächer eine luftreinigende Wirkung.

-       Die Bepflanzung der Dächer dient der CO2-Bindung (ca. 0,4 bis 0,97 kg CO2/m² pro Jahr) und leistet somit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.

-       Überbaute Flächen werden für Pflanzen und Tiere zurückgewonnen. Bauwerke werden somit funktionell in das Stadtökosystem eingebunden. Soweit die Begrünung des aufgebrachten Substrats dem natürlichen Sukzessionsverlauf überlassen bleibt, können Dächer als dauerhafte Rückzugs- und Entwicklungsflächen für bestimmte heimische Wildpflanzen in standortspezifischer Vergesellschaftung mit entsprechend angepasster Begleitfauna (Insekten, Vögel etc.) dienen.

städtebaulich und gestalterisch:

-       Große Dachflächen werden durch eine differenzierte Bepflanzung gegliedert und tragen dadurch zur Verbesserung des Stadtbildes bei.

-       Das Wohn- und Arbeitsumfeldes wird durch den Erlebniswert begrünter Dächer verbessert.

-       Begrünte Dächer haben insbesondere in einer ansonsten vegetationsarmen Umgebung eine positive Wirkung (entspannend, beruhigend) auf die Psyche des Menschen.

-       Durch Dachbegrünung werden zusätzliche Grünflächen und Freiräume an bebauten und versiegelten Standorten geschaffen.

 

baukonstruktiv und ökonomisch:

-       Die täglichen Temperaturschwankungen, denen die Dachabdichtung ausgesetzt ist (vor allem bei unbekiesten Flachdächern) werden gemindert. Damit wird die Materialbeanspruchung herabgesetzt und einer Materialermüdung vorgebeugt.

-       Eine Begrünung schützt die Dachabdichtung außerdem vor diversen mechanischen Belastungen (z. B. Hagelschlag) und UV-Strahlung.

-       Bei leichten Dachkonstruktionen wirkt eine Begrünung als zusätzlicher Schallschutz.

-       Gründächer wirken aufgrund ihrer Substratschicht und Biomasse dämmend, so dass im Winter Wärme und im Sommer Kühle im Gebäudeinneren zurückgehalten und damit Energie eingespart wird.

-       Begrünte Dächer haben einen positiven Einfluss auf den Windsogeffekt.

-       Begrünte Immobilien weisen einen höheren Immobilienwert auf und gelten als Imagegewinn für den Eigentümer und Nutzer des Gebäudes durch sichtbar nachhaltiges und verantwortliches Handeln.

 

Die dargestellten Wirkungen sind u. a. geeignet, das Kleinklima des direkten Wohnumfeldes und bei großflächiger Verbreitung das Klima ganzer Wohnquartiere für den Menschen spürbar zu verbessern und zu einer gestalterischen Belebung des Wohn- und Arbeitsumfeldes beizutragen.

 

Fassadenbegrünung

Es werden Maßnahmen gefördert, die zu einer dauerhaft funktionsfähigen Begrünung von Gebäudefassaden und sonstigen Bauwerken führen und von einem Fachbetrieb ausgeführt werden. Als förderfähige Arten der Dachbegrünung werden unterschieden:

-       bodengebundene Begrünung, bei der ggf. Kletterhilfen zum Einsatz kommen, die keine Lasten aus dem durchwurzelten Bereich tragen,

-       wandgebundene Begrünung, bei der keine Verbindung zur wasserführenden Bodenschicht besteht und der durchwurzelte Raum von einer tragenden Konstruktion aufgenommen werden muss.

 

Mit einer Fassadenbegrünung sollen folgende Wirkungen und Funktionen erreicht werden:

 

ökologisch:

-       Fassadenbegrünungen dienen durch die in der Regel großen Blattmassen bzw. -
-oberflächen als Staubfilter (Luftreinigung).

-       Durch die Transpiration der Kletterpflanzen wird die Luftfeuchte in der unmittelbaren Umgebung erhöht und gleichzeitig eine Abkühlung der Umgebungsluft insbesondere in den heißen Sommermonaten bewirkt.

-       Die Strahlungsreflexion von Fassaden und damit die indirekte Wärmestrahlung in den Sommermonaten wird verringert.

-       Durch die reduzierte Aufheizung von begrüntem Mauerwerk kommt es in den Nachtstunden zu einer verringerten Wärmeabstrahlung und damit zu einer schnelleren Abkühlung der Umgebungsluft.

-       Begrünte Fassaden erweitern den Lebensraum heimischer Tierartengruppen, z. B. dienen sie diversen Vogelarten als Nahrungs- und Brutbiotop sowie als Schutz- und Fluchtzone.

-       Begrünte Fassaden mit Verbindung zum begrünten Dach stellen eine wichtige lebensraumvernetzende Struktur zwischen Dach- und Bodenbiotopen dar.

 

städtebaulich und gestalterisch:

-       Fassadenbegrünungen können stereotyp und einfallslos gestaltete Häuserzeilen ästhetisch aufwerten und damit zu wahrnehmbar höheren Erlebniswerten der öffentlichen und privaten Freiraum- und Baustrukturen führen. In weitgehend naturbefreiten Wohnquartieren kann sich eine solche Gestaltung psychologisch und sozial stabilisierend auswirken.

-       Durch den strukturellen Gegensatz zwischen vegetativen und baulichen Elementen entstehen einprägsame und unverwechselbare Eindrücke und Identifikationsmuster innerhalb der Wohnumwelt.

 

baukonstruktiv und ökonomisch:

-       Begrünte Fassaden bieten der Gebäudehülle Schutz vor Witterungseinflüssen und verringern die physikalische Beanspruchung durch den Ausgleich von Temperaturextremen und dem Schutz vor UV-Strahlung.

-       Durch die Wärmedämmwirkung der Fassadenbegrünung wird im Winter Heizenergie eingespart und im Sommer durch Verschattung sowie Verdunstungseffekte der Vegetation das Gebäude gekühlt.

 

Als Effekt der Fassadenbegrünung findet eine Belebung des Straßenbildes und eine Verbesserung der ökologischen Verhältnisse im unmittelbaren Wohnumfeld statt.

 

Innenhofbegrünung

 

Innenhöfe haben vielerorts ausschließlich praktischen Nutzen, z. B. als Zugänge zu Müllcontainern und Abstellflächen von Pkws. Das Potenzial dieser Flächen als unmittelbare Erholungsbereiche und klimatische Ausgleichsflächen wird durch die Förderung der Innenhofbegrünung nutzbar gemacht. Die Förderung umfasst daher Maßnahmen zur Entsiegelung und Umgestaltung von Innenhöfen als auch deren Begrünung. Damit sollen folgende Wirkungen und Funktionen erreicht werden:

 

-       Schaffung eines attraktiven Wohnumfeldes,

-       Aufwertung des unmittelbaren Wohnumfeldes als sozialer Treffpunkt für gemeinsame Aktivitäten (Kinderspielplatz, Hoffeste, gemeinsames Gärtnern),

-       Schaffung eines mikroklimatisch bedeutsamen Gebietes durch Rückhaltung von Niederschlägen im Boden bzw. in Teichen,

-       Beitrag zur Biotopvernetzung und damit zur Artenvielfalt.

 

Vorgartenbegrünung

 

Das Potenzial zur Verbesserung des Kleinklimas in städtischen Quartieren durch die Umgestaltung und Begrünung von Vorgärten, wird durch die Förderung entsprechender Maßnahmen nutzbar gemacht. Die förderfähigen Maßnahmen haben folgende Ziele:

-       Schaffung eines vegetativ abwechslungsreichen und attraktiven Wohnumfeldes durch die Entsiegelung von Flächen und Bepflanzung mit vielfältigen und standortgerechten und zukunftsfähigen Gehölzen,

-       ökologische Wirkung durch Staubfilterung, Nahrungs- und Lebensraum für diverse Tierarten.

 

Flächenentsiegelung

Die flächenhaften Entsiegelungen auf privaten und gewerblichen Grundstücken, wie z. B. Zufahrtswege, Einfahrten, Abstellflächen und Stellplätze, stellen Aktivitäten dar, die zu einer gestalterischen und ökologischen Aufwertung des Wohn- und Arbeitsumfeldes führen können, insbesondere wenn die Versiegelungsmaterialien durch wasserdurchlässige Alternativen (Rasen, Schotterrasen, Rasengittersteine, Rasenfugenpflaster, Rasenwabe etc.) ersetzt werden. Durch den Rückbau versiegelter Flächen können Niederschläge direkt versickern und werden somit unmittelbar in den Wasserkreislauf zurückgeführt ohne die städtischen Abwassersysteme zu belasten.

 

Baumpflanzungen

 

Bäume haben aufgrund ihrer Ökosystemdienstleistungen große Bedeutung für das Mikroklima, die Biodiversität und die Lebensqualität im städtischen Raum. Als Komplementärmaßnahme zu Neupflanzungen von Straßenbäumen sollen auch Baumpflanzungen auf privaten und gewerblichen Flächen gefördert werden. Damit sollen folgende Ziele erreicht werden:

-       Verbesserung der bioklimatischen Situation durch CO2-Bindung, Feinstaub- und Schadstofffiltrierung sowie Verschattungs- und Verdunstungseffekte,

-       Erhöhung der Biodiversität durch Schaffung und der Verknüpfung von Lebensräumen für verschiedene Tiere und Pflanzen.

 

Der Fokus der Förderung liegt einerseits auf standortgerechten heimischen Hochstämmen, die eine hohe ökologische Wirkung haben, und andererseits auf sogenannten Klimabäumen, die aufgrund ihrer Herkunft aus dem südosteuropäischen, asiatischen und nordamerikanischen Raum als resistenter gegen Trockenheit, Hitze und (Spät)-Frost gelten und daher für den Klimawandel besser gewappnet scheinen.

 

Geplante programmbegleitende Öffentlichkeitsarbeit

 

Das ökologische Förderprogramm aus den 1990er Jahren wurde ab 2001 aufgrund von Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen nicht mehr weitergeführt . Bis dahin galt es als eines der erfolgreichsten Förderprogramme zur Begrünung in der Bundesrepublik, was nicht zuletzt auf eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit zurückzuführen ist. Instrumente der damaligen Öffentlichkeitsarbeit waren:

 

-       Verteilung von Faltblättern

-       Teilnahme mit eigenem Stand an diversen Veranstaltungen (Geranienmarkt, Harz & Heide-Messe, Ökomarkt, Ökologa, Ausstellung)

-       Pressearbeit (lokale und regionale Druckpresse, Rundfunk)

-       Nutzung eines begrünten Bauwagens („Ökomobil“) für Beratungen von Interessenten in verschiedenen Stadtteilen

-       Nutzung von geförderten Objekten als Best-practice-Beispiele (z. B. Hoffeste)

-       Wettbewerbe unter den geförderten Objekten

-       Direktwerbung in hochverdichteten Quartieren durch Faltblattverteilung

-       Plakatierung im Stadtgebiet und Aufstellung von Faltblattkästen an öffentlich zugänglichen Orten (z. B. Banken, Sparkassen, Postfilialen, Bussen und Bahnen)

-       Informationsbroschüren zu Bauwerksbegrünung und Garten-, Vorgarten- und Innenhofgestaltung

-       Erstellung und Verteilung eines Merkblattes über umweltverträgliche Gestaltung von Baugrundstücken für Bauantragsteller, gemeinsam erstellt von Umwelt- und Grünflächenamt

 

Aufgrund der positiven Erfahrungen aus den 1990er Jahren wird die intensive begleitende Öffentlichkeitsarbeit wiederaufgenommen. Darüber hinaus stehen aufgrund der Digitalisierungsentwicklungen der letzten Jahrzehnte weitere Informationswege offen, so dass die Öffentlichkeitsarbeit breiter angelegt werden kann.

 

Folgende öffentlichkeitswirksame Maßnahmen sind im Falle einer positiven Ratsentscheidung geplant:

 

Informationskampagne

 

Ein besonderer Schwerpunkt der Öffentlichkeitsarbeit würde auf eine Informationskampagne gelegt, in deren Rahmen gängige Vorurteile und Ängste zu den Fördertatbeständen (z. B. Bauwerksbeschädigungen bei Fassadenbegrünung, scheinbare Pflegeleichtigkeit von Schottergärten) aufgegriffen sowie Argumente für Entsiegelungs- und Begrünungsmaßnahmen aufgeführt werden. Dabei sollten argumentativ weniger die rechtlichen Festsetzungen (z. B. § 9 der Niedersächsischen Bauordnung zu nicht überbauten Flächen) als vielmehr die ökologischen, ökonomischen und ästhetischen Vorteile zur Sprache kommen. Die Kampagne sollte einerseits in Form von persönlicher Beratung und andererseits durch das Bereitstellen von Informationsmaterial erfolgen.

 

Werbematerialien

 

Flyer mit den wichtigsten Informationen rund um das Förderprogramm würden zum Start des Förderprogramms an öffentlich zugänglichen Orten ausgelegt (z. B. Fachbereiche, Stadtbibliothek). Sehr wirksam wäre vermutlich die Beilage des Flyers im Grundsteuerbescheid, um Privateigentümer direkt zu erreichen. Zur Information und Weitergabe würden die regionalen Fachbetriebe als Multiplikatoren involviert. Auch die Regionale Energie- und Klimaschutzagentur in Braunschweig (reka), die Privatpersonen hinsichtlich nachhaltiger und klimaschonender Aktivitäten berät, wäre als Akteur miteinzubinden.

 

Werbepostkarten könnten ein wirksames Instrument sein, um insbesondere Privatpersonen zu erreichen. Die Postkarten könnten in Gastronomie- und Freizeitbetrieben ausgelegt werden und zur kostenlosen Mitnahme zur Verfügung stehen.

 

Ergänzend könnte eine Plakette entworfen werden, die - am Hauseingang angebracht - Passanten über die Dach-, Fassaden-, Innenhof- bzw. Vorgartenbegrünung sowie die Flächenentsiegelung als Fördermaßnahmen der Stadt informiert.

 

Informationsmaterialien

 

Es würde eine Broschüre mit Informationen über die verschiedenen Möglichkeiten der Entsiegelung und Begrünung erstellt und Interessenten zur Verfügung gestellt. Darin würde auf die ökologische, psychologische und städtebauliche Bedeutung von Begrünung und Flächenentsiegelung hingewiesen, gelungene Beispiele präsentiert und auf das entsprechende Förderprogramm der Stadt Braunschweig aufmerksam gemacht. Die Broschüre würde sowohl als Druckmedium als auch zum Download auf der stadteigenen Webseite bereitgestellt.

Daneben werden Auswahllisten zu geeigneten Fachbetrieben und Pflanzen erstellt, die den Antragstellern Unterstützung bieten.

 

Pressearbeit und mediale Verbreitung

 

Der Start des Förderprogramms könnte auf der Homepage der Stadt Braunschweig publik gemacht und prominent platziert werden. Begleitend zur Einführung des Förderprogramms könnte eine intensive Berichterstattung in der lokalen Presse initiiert werden, bspw. durch Pressemitteilungen und ggf. eine Pressekonferenz zum Einführungstermin. Neben den klassischen Medien könnten zur öffentlichen Bekanntmachung des Förderprogramms die Social-Media-Kanäle der Stadt Braunschweig genutzt werden.

 

Veranstaltungen

 

Terminierte Veranstaltungen, die in der Stadt Braunschweig stattfinden und einen umweltrelevanten Bezug haben, könnten als Rahmen für die Vorstellung des Förderprogramms genutzt werden (z. B. Tag des Baumes, Langer Tag der StadtNatur). Dazu könnte ggf. ein eigener Stand gestaltet werden, an dem die Bürgerinnen und Bürger der Stadt durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs Stadtgrün und Sport informiert würden.

 

Wettbewerbe

 

Seit 2011 führt die Wohnungsbaugesellschaft BBG gemeinsam mit der Braunschweig Stadtmarketing GmbH und der Braunschweiger Zeitung einen erfolgreichen Balkon-Wettbewerb durch. Dabei werden die schönsten Balkone der Stadt und seit 2018 auch der schönste ökologische Hauseingang ausgezeichnet. Daran anlehnend könnten Wettbewerbe zur ökologisch wertvollsten Dach- und Fassadenbegrünung sowie zum gemütlichsten Innenhof und Vorgarten initiiert werden. Alle nach Maßgabe der Förderrichtlinie bezuschussten und abgeschlossenen Dach-, Fassaden-, Innenhof- und Vorgärten-begrünungen würden - soweit von den Zuschussempfängern gewünscht – am Wettbewerb teilnehmen und von einer unabhängigen Fachjury bewertet werden. Die Wettbewerbsbedingungen sowie die Prämierung von einzelnen Objekten würden durch spezielle Wettbewerbsrichtlinien geregelt. Für die Wettbewerbe sollten möglichst ebenfalls die BBG, die Braunschweig Stadtmarketing GmbH und die Braunschweiger Zeitung als Initiatoren gewonnen werden.

 

Evaluation

 

Die Entwicklung des Förderprogramms hinsichtlich der Anfragen, Beratungswünsche, Förderanträge, Fördersummen etc. sollte regelmäßig quantitativ und qualitativ bewertet werden. Eine zweijährliche Evaluation wäre für den Fall, dass das Programm über das Jahr 2019 hinaus fortgeführt werden würde, empfehlenswert, um dessen Wirksamkeit und Akzeptanz zu überprüfen.

 

Personal- und Finanzressourcen für die Programmumsetzung im Haushaltsjahr 2019 und ab dem Haushaltsjahr 2020

 

Für die anteilige finanzielle Förderung von programmkonformen Maßnahmen wurden im Haushaltsplan für 2018 Finanzmittel in Höhe von 50.000 Euro vorgesehen, die ins Jahr 2019 übertragen wurden. Für die Erarbeitung und Einführung des in Rede stehenden Förderprogramms ist befristet bis Ende 2019 eine E11-Stelle im Stellenplan 2018 des Fachbereiches Stadtgrün und Sport geschaffen worden. Die Verwaltung weist daraufhin, dass ab Anfang des Jahres 2020 für die Umsetzung des Förderprogramms (einschließlich Öffentlichkeitsarbeit) nach derzeitigem Stand keine personellen Ressourcen zur Verfügung stehen. Finanzmittel für die anteilige finanzielle Förderung von programmkonformen Maßnahmen sind im Teilhaushalt des Fachbereiches Stadtgrün und Sport für das Jahr 2020 und die Folgejahre bisher nicht veranschlagt.
 

 


Beschluss:

 

Die als Anlage beigefügte Förderrichtlinie der Stadt Braunschweig „Ungenutzte Ressource Privatgrün - Förderung privater und gewerblicher Bauwerks- und Umfeldbegrünung“ wird beschlossen.
 

 


Anlage/n:

- Entwurf der Förderrichtlinie der Stadt Braunschweig „Ungenutzte Ressource Privatgrün -

  Förderung privater und gewerblicher Bauwerks- und Umfeldbegrünung“

- Karte mit Zuordnung zu den entsprechenden Zuschusskategorien auf Grundlage der Stadt-

  klimaanalyse Braunschweig

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Förderrichtlinie (254 KB)    
Anlage 2 2 Zuschusskategorien (6131 KB)    

Erläuterungen und Hinweise