Rat und Stadtbezirksräte

Vorlage - 13794/14  

Betreff: Anteile an den Harzwasserwerken
Status:öffentlichVorlage-Art:Mitteilung
Federführend:20 Fachbereich Finanzen   
Beratungsfolge:
Rat der Stadt Braunschweig
15.07.2014 
Rat ungeändert beschlossen  (13794/14)  

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anteilseigner HWW

1

 

Stadt Braunschweig

 

TOP

 

 

 

Der Oberbürgermeister

Drucksache

Datum

FB Finanzen (FB20)

13794/14

11.07.2014

 

 

 

 

Beteiligte FB /Referate /Abteilungen

Mitteilung

 

0300 Rechtsreferat

Beratungsfolge

Sitzung

 

Tag

Ö

N

Rat

15.07.2014

X

 

 

Überschrift, Sachverhalt

Anteile an den Harzwasserwerken

 

 

  1. In der Angelegenheit “Anteile an den Harzwasserwerken“ liegt der Antrag Nr. 3392/14 der Fraktion Piratenpartei mit einer Ergänzung durch den Änderungsantrag Nr. 3459/14 vor.

 

Der erstgenannte Antrag wurde in der Finanz- und Personalausschusssitzung am 3. Juli 2014 und – unter Einbeziehung des Änderungsantrages – in der Verwaltungsausschusssitzung am 8. Juli 2014 beraten. Es handelt sich um eine vielschichtige Thematik mit zum Teil weitreichenden Beschlussempfehlungen für den Rat durch die genannten Anträge.

 

Daher möchte die Verwaltung nach eigenen Recherchen, insbesondere Rücksprachen mit BS|ENERGY, ergänzende Hinweise zum Gesamtkomplex geben.

 

  1. Das Unternehmen Harzwasserwerke GmbH (HWW) besteht seit der Privatisierung im Jahr 1996. Bis dahin führten die Harzwasserwerke die Bezeichnung “Harzwasserwerke des Landes Niedersachsen“ und bildeten eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem alleinigen Eigentümer Land Niedersachsen.

 

Die HWW ist der größte Wasserversorger in Niedersachsen. Die Hauptaufgabe der HWW ist die Trinkwasserversorgung. Daneben sind der Hochwasserschutz und die Niedrigwasseraufhöhung wichtige Aufgaben. So ist die HWW Talsperrenbetreiber, aber auch Unterhalter des UNESCO-Weltkulturerbes Oberharzer Wasserregal. Die Befrachtung des Hauptzweckes Wassererzeugung etc. mit atypischen Zusatzaufgaben, die von der HWW selbst finanziert werden müssen, statt wie sonst üblich von der öffentlichen Hand, ist eine Besonderheit.

 

Die Bevölkerung von Braunschweig ist zu ca. 18 % Abnehmer des von der HWW angebotenen Wassers, das qualitativ von höchster Güte ist.
 

  1. Anteilseigner der HWW ist überwiegend die öffentliche Hand (Stadtstaaten sowie niedersächsische Kommunen) – jeweils über entsprechende Gesellschaften.

    Die Stadt Braunschweig hält über ihre 100 %ige Tochter Stadt Braunschweig Beteiligungs-Gesellschaft mbH (SBBG) sowie deren 25,1 %igen Anteil an der Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG (BVAG) 10,1 % der Anteile an der HWW.

 

Unternehmen der Privatwirtschaft (EWE- bzw. E.ON-Konzern) halten rd. 28 % der Anteile. Im Einzelnen sind die Gesellschafter der beigefügten Übersicht zu entnehmen.
 

Wesentliche Inhalte des ergänzenden Konsortialvertrages zwischen den Gesellschaftern sind die Vereinbarungen für den Fall der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen.

Die Regelungen beschränken sich insbesondere auf die Ausführungen zu Vorkaufsrechten. Der Konsortialvertrag hat eine Laufzeit bis Ende Februar 2015. Er wurde von mehreren Gesellschaftern fristgemäß gekündigt, nach Kenntnis dieser Kündigungserklärungen auch von der BVAG. Die Kündigung der BVAG erfolgte, um sicherzustellen, dass die BVAG – wie die anderen Gesellschafter – den einschränkenden Verpflichtungen des Konsortialvertrages ab diesem Zeitpunkt nicht mehr unterliegt. Die Stellung als Gesellschafterin der HWW bleibt hingegen unverändert bestehen.

 

Unabhängig von der Kündigung des Konsortialvertrages besteht weiterhin ein Vorkaufsrecht des Landes Niedersachsen, das in einen ausgehandelten Kaufvertrag mit einem potentiellen Erwerber eintreten kann. Verbindliche Veräußerungsabsichten der derzeitigen Anteilseigner sind zurzeit nicht bekannt. Die BVAG hat keine Veräußerungsabsicht.

 

  1. Vor diesem Hintergrund gibt die Verwaltung folgende Hinweise zu Einzelaspekten der o. a. Anträge und zu der bisherigen Diskussion.

 

4.1.  Möglicher Erwerb von zusätzlichen Anteilen und Örtlichkeitsprinzip des kommunalen Wirtschaftsrechtes

 

Gemäß § 136 Abs. 1 NKomVG dürfen die Kommunen sich nur zur Erledigung ihrer Angelegenheiten wirtschaftlich betätigen. Dabei handelt es sich um Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, also um Aufgaben, die in der kommunalen Gemeinschaft entstehen oder darauf bezogen sind. Damit verbunden ist grundsätzlich die Notwendigkeit, die Grenzen des Gemeindegebietes zu beachten, auch zum Schutz der Rechte der Nachbargemeinden. Unzulässig sind also wirtschaftliche Betätigungen, die ausschließlich oder überwiegend grenzüberschreitend ausgeübt werden. Das Örtlichkeitsprinzip gilt sowohl für die Stadt selbst als auch für ihre Eigengesellschaften wie die SBBG.

 

Zu den Angelegenheiten der örtlichen Daseinsvorsorge gehört ohne Weiteres die Wasserversorgung der Einwohner. Die Stadt hat das Recht und die Pflicht zur öffentlichen Wasserversorgung durch Konzessionsvertrag der BVAG übertragen. Im Rahmen des Konzessionsvertrages ist es der Gesellschaft überlassen, wie sie ihrer Verpflichtung nachkommt. Die Gesellschaft hat dementsprechend Lieferverträge unter anderem mit den Harzwasserwerken geschlossen, die die Wasserversorgung sicherstellen. Die Gesellschaftsanteile, die die BVAG an den Harzwasserwerken hält, dürften die Einfluss- und Mitsprachemöglichkeiten verbessern.

 

Bei der Bewertung der Anteilseignerstellung der BVAG ist zu bedenken, dass die BVAG keine von der Stadt beherrschte Gesellschaft (mehr) ist und daher das kommunalrechtliche Örtlichkeitsprinzip für sie nicht gilt.

 

Für einen möglichen Anteilserwerb durch die Stadt bzw. die SBBG ist zunächst zu berücksichtigen, dass die örtliche Versorgung der Einwohner mit Wasser zu den kommunalen Aufgaben gehört. Die Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung war jedoch (vor der Privatisierung) staatliche Aufgabe.

 

Der heterogene Gesellschafterkreis der (privatisierten) Harzwasserwerke würde indes eine begrenzte Beteiligung der Stadt bzw. der SBBG nicht ausschließen und auch nicht zu einer Rechtsverletzung anderer Kommunen führen.

 

Zur Erhöhung der Rechtssicherheit wird vor einem eventuellen Erwerb von Anteilen seitens der Stadt bzw. der SBBG eine Abstimmung mit der Kommunalaufsicht empfohlen. Diese sollte auch die Frage einschließen, in welcher Höhe eine Beteiligung der Stadt bzw. der SBBG aufgrund des kommunalrechtlichen Örtlichkeitsprinzips (s. o.) zulässig wäre.

 

4.2.  Beratung eines möglichen Ankaufs von Anteilen vor Ablauf der Vorkaufsfrist des Landes
 

Ob eine Umsetzung dieses Vorschlages rechtlich und tatsächlich möglich ist, wurde unter Beteiligung von BSENERGY geprüft. Hierzu hat BS|ENERGY Folgendes ausgeführt:

 

Gesellschafter, die eine Veräußerung planen, haben nicht die Pflicht, ihre Mitgesellschafter hierüber zu informieren. Somit hat auch BS|ENERGY als Gesellschafter kein vertraglich begründetes Informationsrecht, ob und welche Mitgesellschafter eine Veräußerung anstreben bzw. durchführen.

 

BS|ENERGY kann somit nicht sicherstellen, im Falle einer Veräußerung auch informiert zu werden. Es wäre jedoch denkbar, dass die veräußerungswilligen Mitgesellschafter die übrigen Gesellschafter auf freiwilliger Basis über ihre Absichten informieren und in diesem Falle würde BS|ENERGY natürlich die Stadt Braunschweig unterrichten.

 

Ein veräußerungswilliger Gesellschafter hat eine Veräußerung lediglich gegenüber dem Land Niedersachsen anzuzeigen. Das Land Niedersachsen hat ein Vorkaufsrecht gemäß Privatisierungsvertrag zwischen dem Land Niedersachsen und den damaligen Käufern. Bei einem Veräußerungsverfahren ist somit die Zustimmung des Landes gemäß Privatisierungsvertrag einzuholen. Der Kaufvertrag regelt keine konkreten Fristen für das Vorkaufsrecht. Nach einer Zustimmung des Landes Niedersachsens zur Veräußerung an einen Dritten tritt der Käufer in alle vertraglichen Rechte und Pflichten des Kaufvertrages ein.

 

Insofern das Land Niedersachsen das Vorkaufsrecht nicht ausübt, hat die Stadt Braunschweig kein Zugriffsrecht auf die zu veräußernden Anteile, bevor diese dem vorhandenen Käufer angeboten werden. Die Stadt Braunschweig könnte in so einer Situation lediglich auch ein entsprechendes Angebot unterbreiten, wobei der veräußernde Gesellschafter nicht verpflichtet ist, dieses anzunehmen.

 

4.3.  Zur Frage eines möglichen Ankaufs zusätzlicher Anteile durch die Stadt oder eine ihrer Gesellschaften
 

Ob eine Erhöhung der Anteile an den Harzwasserwerken für die BVAG oder SBBG auch wirtschaftlich sinnvoll ist, sollte nach Auffassung der Verwaltung im konkreten Einzelfall unbedingt eingehend geprüft werden. Eine genaue Analyse der Chancen und Risiken sollte unter enger Einbeziehung der Experten der BVAG erfolgen. Bei der Analyse der Wirtschaftlichkeit wird nach Einschätzung der Verwaltung ein wesentlicher Faktor sein, ob die atypischen Zusatzaufgaben dauerhaft durch die HWW (bzw. ihre Kunden und Gesellschafter) zu finanzieren sein werden.

 

Auch verhandlungstaktisch erscheint es sinnvoll, kein unbedingtes Kaufinteresse öffentlich zu signalisieren. Von daher rät die Verwaltung von einer generellen Beschlussfassung ab, die zum Inhalt hätte, dass die Stadt Braunschweig bzw. eine ihrer Gesellschaften notfalls freiwerdende Gesamtanteile selbst oder gemeinsam mit anderen Kommunen aufkauft.

 

Die Versorgung der Braunschweiger Bevölkerung mit dem anerkannt guten Harzwasser beruht ohnehin auf einem Vertrag zwischen der BVAG und der HWW, der zunächst unabhängig von einer Beteiligung am Unternehmen HWW ist.

I. V.

gez.

GeigerAnlage


Anlage/n:

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anteilseigner HWW (454 KB)    

Erläuterungen und Hinweise