Sachverhalt:
Durch Beschluss des Rates vom 5. Oktober 1999 wurde der rechtlich unselbstständige „Pensionsfonds der Stadt Braunschweig“ mit Wirkung vom 1. Januar 2000 errichtet. Es handelt sich hierbei um ein Sondervermögen gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 5 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG), für das ein besonderer Haushaltsplan aufgestellt wird.
Durch den „Pensionsfonds der Stadt Braunschweig“ soll die dauerhafte Finanzierung der Versorgung der Beamtinnen und Beamten sowie deren Hinterbliebenen, soweit das Beamtenverhältnis bei der Stadt Braunschweig nach dem 31. Dezember 1999 begründet worden ist, durch eine vollständige Vorausfinanzierung während der aktiven Dienstzeit sichergestellt werden.
Die Dotierung des Sondervermögens erfolgt personenbezogen. Die jährliche Höhe der Zuführungen bestimmt sich hierbei nach den Vomhundertsätzen (Prämiensätzen) der jeweils aktuellen ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge der einzelnen Beamten in Kombination mit einer kalkulatorischen Verzinsung der angesammelten Mittel. Die Ermittlung der Prämiensätze wird jedes Jahr nach versicherungsmathematischen Grundsätzen von einem beauftragten Finanzmathematiker vorgenommen. Die Prämiensätze werden dabei so festgesetzt, dass unter Zurechnung der zu erwartenden Zinserträge mit Eintritt des Versorgungsfalles sämtliche Pensionsleistungen (einschließlich der Hinterbliebenenversorgung) zu 100 Prozent kapitalgedeckt sind.
In der damaligen Begründung zur Ratsvorlage wurde bis zum Jahr 2009 von einem jährlichen Bedarf an Neueinstellungen von 16 Beamtinnen und Beamten ausgegangen
Zum Stichtag 31. Dezember 2016 betrug das Kapital im Sondervermögen rund 41,2 Mio. EUR. Aufgrund der versicherungsmathematischen Berechnung mit dem derzeit verwendeten durchschnittlichen Realzins in Höhe von 2,5 % hätten für den vorhandenen Personalbestand jedoch bereits rund 47,2 Mio. EUR angespart sein müssen.
Durch vermehrt eingetretene Fluktuationen sowie Aufgabenzuwächse, die im Jahr 2000 nicht vorhersehbar waren, haben sich die jährlichen Neueinstellungen mittlerweile vervielfacht. Zum Stichtag 31. Dezember 2016 waren 457 Beamtenverhältnisse im Sondervermögen zu berücksichtigen, während es bei der ursprünglichen Kalkulation von 16 Neueinstellungen pro Jahr lediglich 272 gewesen wären. Im Jahr 2017 sind weitere 64 zusätzliche Beamtenverhältnisse hinzugekommen. Die altersbedingte Fluktuation wird zudem aus heutiger Sicht absehbar noch weiter zunehmen, sodass die Zahl der im Pensionsfonds zu berücksichtigenden Personen weiter überproportional zunehmen wird.
Aufgrund des seit Jahren und auch weiterhin bestehenden Niedrigzinsniveaus ist der Pensionsfonds nicht in der Lage, die benötigten Anlagezinsen zu erwirtschaften. Die im Jahr 2017 ausgelaufenen Festgeldanlagen wurden nicht verlängert. Seit dem 1. Oktober 2017 erfolgen neue städtische Geldanlagen grundsätzlich nur noch bei Sparkassen und Volksbanken, da für die Gelder von Bund, Ländern und Kommunen bei den übrigen Kreditinstituten keine Sicherheit der Einlagen mehr gewährleistet ist. Zinserträge sind hierbei derzeit nicht zu erzielen, ggf. können sogar Verwahrgebühren nicht ausgeschlossen werden. Um überhaupt eine Rendite für das vorhandene Kapital zu erhalten, sind aktuell rund 28,4 Mio. EUR durch zwei konzerninterne Kredite mit jeweils fünfjähriger Laufzeit an die Stadt Braunschweig Beteiligungs-Gesellschaft mbH (SBBG) verliehen (24 Mio. EUR/Zinssatz 0,52 % und 4,4 Mio. EUR/Zinssatz 0,49 %). Der Rat hat dem Vorgehen, Kapital aus dem Pensionsfonds zu marktgerechten Zinsen an städtische Beteiligungen (die zu 100 % beherrscht werden) zu verleihen, mit Beschluss vom 21. Juli 2015 zugestimmt. Damit kann aktuell der der versicherungsmathematischen Bewertung zugrundeliegende Zinssatz bei weitem nicht erzielt werden, was auch zukünftig für wesentliche Teile des Pensionsfonds der Fall sein wird, da 24 Mio. EUR bis 2021 sowie 4,4 Mio. EUR bis 2022 an die SBBG verliehen sind.
Für die Zuführung zum Sondervermögen stehen letztendlich nur der laufende Haushalt und die Kapitalerträge als Finanzierungsquellen zur Verfügung. Die aufgrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus nicht erzielbaren Kapitalerträge müssten, um die erforderlichen Prämiensätze für eine vollständige Kapitaldeckung des späteren Versorgungsaufwandes des betroffenen Personenkreises zu finanzieren, vollständig aus dem laufenden Haushalt kompensiert werden. Neben dem Ausgleich des bereits bestehenden Nachfinanzierungsbedarfes, wäre auch eine Absenkung des bei der versicherungsmathematischen Berechnung verwendeten Realzinses erforderlich. Hiermit wäre automatisch ein sprunghafter Anstieg der jährlich benötigten Zuführungsraten verbunden.
Wie vorgesehen, wird die gesetzliche Versorgungsrücklage der Stadt Braunschweig bei der Niedersächsischen Versorgungskasse (Vermögenswert rund 10.500.000 EUR), deren Zuführung zum 31. Dezember 2017 ausläuft, sukzessive mit dem Sondervermögen zusammengeführt. Die Verwaltung war zunächst davon ausgegangen, die Deckungslücke hierdurch im Wesentlichen schließen zu können. Zudem war nicht absehbar, dass die Niedrig- bzw. Nullverzinsung sich so nachhaltig entwickeln wird. Der Rat wurde jedoch bereits im Jahresabschluss 2015 darüber informiert, dass die Zuführung der Versorgungsrücklage zum Pensionsfonds allein möglicherweise nicht ausreichend sein wird.
Mittlerweile ist deutlich geworden, dass sich die vorhandene Deckungslücke hierdurch nicht schließen lassen wird. Durch die anhaltende Niedrigzinsphase sowie die jährlich steigende Anzahl der Beamtinnen und Beamten im Sondervermögen, wird sich der Nachfinanzierungsbedarf in der Folgezeit permanent vergrößern. Allein schon wegen der bevorstehenden Altersfluktuation wird die jährliche Zahl von Neueinstellungen unverändert hoch bleiben. Die Verwaltung hat ihren Bedarf an Nachwuchskräften zuletzt in der Vorlage 17-04614 für den Ausbildungsjahrgang 2018 dargestellt. Der Verwaltungsausschuss hat daraufhin dieser Vorlage zugestimmt. Dem ursprünglich angestrebten Ziel einer vollständigen Kapitaldeckung lag neben einer Kalkulation von 16 Neueinstellungen pro Jahr eine angemessene Verzinsung zu Grunde (im Jahr 2000 bei rund 5 %). Diese wird sich nicht erzielen lassen. Es war seinerzeit auch nicht beabsichtigt, die erforderlichen Mittel allein aus dem städtischen Haushalt zuzuführen. Die heutige Situation würde dies gleichwohl nahezu erfordern, was wiederum zugleich den städtischen Haushalt überfordern würde.
Eine im Jahr 2016 durchgeführte interkommunale Umfrage bei Städten vergleichbarer Größenordnung hat ergeben, dass ein freiwilliges Sondervermögen lediglich in Münster vorhanden ist. Hier existiert ebenfalls seit dem Jahr 2000 ein freiwilliger Versorgungs- und Sanierungsfonds mit einem Bestand von rund 11 Mio. EUR. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Stadt Braunschweig bereits heute weitaus mehr Vorsorge betrieben hat, als andere Kommunen. Insofern sollte das Sondervermögen auch nicht aufgelöst, jedoch zukünftig strategisch neu ausgerichtet werden.
Es wird vorgeschlagen, an Stelle der bisherigen personenbezogenen Dotierung, die Zuführungen zum Sondervermögen ab dem 1. Januar 2018 pauschal mit einer gleichbleibenden Rate vorzunehmen. Dabei soll aber dem Grunde nach an dem Vorgehen aus 1999 festgehalten werden, jedes neu gegründete Beamtenverhältnis in den Pensionsfonds aufzunehmen. Der Betrag orientiert sich dabei zunächst an der im geltenden Investitionsprogramm vorgesehenen Jahresrate in Höhe von rund 5,09 Mio. EUR und wird in dieser Höhe bis auf weiteres festgeschrieben. Hierin enthalten ist ein anteiliger Betrag in Höhe von 1,2 Mio. EUR, der sich aus dem Wegfall der Einzahlung sowie der gleichzeitig erfolgenden Rückzahlung des Anteils der Stadt Braunschweig aus der Versorgungsrücklage der Niedersächsischen Versorgungskasse ergibt. Der Vorschlag entspricht somit dem von der Verwaltung eingebrachten Haushaltsplanentwurf 2018.
Abfindungszahlungen für erworbene Versorgungsanwartschaften aus dem Gesetz zum Versorgungslastenteilungs-Staatsvertrag, die die Stadt als aufnehmender und anspruchsberechtigter Dienstherr bei einem Dienstherrnwechsel erhält, werden dem Sondervermögen weiterhin zugeführt. Abfindungszahlungen, die von der Stadt als abgebender und zahlungspflichtiger Dienstherr bei einem Dienstherrnwechsel zu leisten sind, werden dem Sondervermögen ebenfalls weiterhin entnommen.
Aus Gründen der Generationengerechtigkeit ist es geboten, auf die Pensionsbelastungen zukünftiger Haushalte möglichst im Vorfeld zu reagieren. Hierfür sollten unter Berücksichtigung der jeweiligen Haushaltssituation weiterhin Zuführungen in den Pensionsfonds erfolgen. Durch die demographische Entwicklung werden die Versorgungsleistungen der Stadt in den kommenden 20 Jahren sukzessive steigen und danach –zumindest aus heutiger Sicht- auf dem hohen Niveau verbleiben. Mit Hilfe der vorgeschlagenen Änderung kann zu einem noch festzulegenden späteren Zeitpunkt, das angesammelte Kapital (ggf. die daraus resultierenden Erträge) zu einer Kompensation der laufenden Versorgungsleistungen verwendet werden. Das Sondervermögen ist hierbei weiterhin eigenständig mündelsicher anzulegen.
Die Verwaltung wird das Sondervermögen weiterhin in regelmäßigen Abständen überprüfen lassen und dem Rat zum Ende des Finanzplanungszeitraumes 2021 zur Haushaltsberatung 2022 einen Vorschlag zur weiteren Ausgestaltung des Sondervermögens vorlegen.
Beschluss:
Die Verwaltung legt dem Rat nach Ablauf des Finanzplanungszeitraumes im Jahr 2021 zur Haushaltsberatung 2022 ein überarbeitetes Konzept zur strategischen Ausrichtung des Sondervermögens vor.
Anlage/n: Dritte Satzung zur Änderung der Satzung des Pensionsfonds Synopse zur dritten Änderung der Satzung des Pensionsfonds
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