Sachverhalt:
1. Ausgangslage
Aktuell werden zahlreiche Anfragen zum Einstieg in weiterführende Schulen in den Fachbereichen Schule, Kinder, Jugend und Familie, Soziales und Gesundheit, in der Niedersächsischen Landesschulbehörde (NLSchB), in der Volkshochschule (VHS) und vor allem in Schulen gestellt. Eine zentrale institutionalisierte Beratung zum Bildungssystem und zur Schulanmeldung findet in der Stadt Braunschweig bislang nicht statt. Um jedoch die Entscheidungskompetenz der Erziehungsberechtigten zur Wahl der passgenauen Schulform zu stärken, ist eine eingehende schul- und schulformübergreifende Beratung Voraussetzung.
Das Kommunale Handlungskonzept Kinderarmut der Stadt Braunschweig weist auf die vielfältige Benachteiligung von Kindern aus einkommensarmen Familien hin. In Deutschland sind die Chancen von Kindern auf Erwerb eines höherwertigen Abschlusses stärker als in vielen anderen Ländern abhängig vom sozialen Status ihrer Eltern.
Über die soziale Frage hinaus beleuchtet das Handlungskonzept „Integration durch Konsens“ der Stadt Braunschweig einen weiteren Aspekt mangelnder Teilhabechancen: „Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund weisen deutlich schlechtere Schullaufbahnen auf. Ihre Chancen auf einen höherwertigen Schulabschluss sind auffällig geringer als die von Schülerinnen und Schülern ohne Migrationshintergrund.“
2. Ziel und Zielgruppe
Übergeordnetes Ziel ist die gleichberechtigte schulische, berufliche und gesellschaftliche Teilhabe unabhängig der sozialen und kulturellen Herkunft. Durch die Beratung soll sowohl eine möglichst ähnliche Ausgangslage für alle Kinder und Jugendlichen bei der Auswahl der Schulform weiterführender Schulen geschaffen als auch der individuelle Einstieg in die passende weiterführende Schulform erleichtert werden.
Mit der Schulbildungsberatung können notwendige Informationen gebündelt und vermittelt werden, um dem zu beschulenden Kind/Jugendlichen entsprechend der individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten einen höchstmöglichen Schulabschluss zu ermöglichen und somit den Integrationsprozess zu fördern (Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe d) der UN-Kinderrechts-konvention). Damit entspricht die Schulbildungsberatung Braunschweig auch den strategischen Zielen der Bildungslandschaft Braunschweig, den Zielen des Konzepts zur Integration von Flüchtlingen in Braunschweig sowie dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept Braunschweig 2030.
Zielgruppe der Schulbildungsberatung sind Erziehungsberechtigte schulpflichtiger Kinder, die aufgrund ihres Zuzugs Beratungsbedarf zum Quereinstieg in weiterführende Schulen haben. Es werden Individualberatungen der Erziehungsberechtigten durchgeführt, unabhängig vom wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Hintergrund.
3. Umsetzung
Auf Anfrage erfolgt eine Beratung zur Schulpflicht, zum niedersächsischen Bildungssystem und zur Braunschweiger Schullandschaft. Der Bedarf an geschulte Sprachmittlung wird zur Terminvergabe geklärt, so dass Sprachmittler_innen rechtzeitig hinzugezogen werden können.
Kinder und Jugendliche ohne oder mit unzureichenden Deutschkenntnissen erhalten eine erste Sprachstandserhebung. Auf ihrer Grundlage werden sie gemäß § 70 Abs.1 bis 5 NSchG für die Dauer von drei Monaten bei Bedarf vom regulären Schulunterricht freigestellt, so dass die Möglichkeit einer Teilnahme an den Vorbereitungsklassen der VHS besteht. In diesem Rahmen stellt die Volkshochschule Braunschweig die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler_innen fest. Diese wert- und kulturneutrale Feststellung ist Teil des Unterrichts und stellt die sozialen, personellen und Handlungskompetenzen in den Mittelpunkt. Sie sichert eine stärkenorientierte Ausrichtung des Verfahrens. Ein zertifiziertes Kompetenzfeststellungsverfahren ermöglicht die passende Schulform zu identifizieren.
Neu zugezogenen Kindern und Jugendlichen mit ausreichenden Sprachkenntnissen wird bei Bedarf ein ihnen zugeschnittenes Kompetenzfeststellungsverfahren angeboten. In diesem Fall entfällt die Freistellung der Schulpflicht.
Mit den erzielten Ergebnissen werden von der Schulbildungsberatung passende Schulen identifiziert und über die von der NLSchB benannten Schulformvertreter_innen kontaktiert. In einem darauffolgenden Termin werden die Erziehungsberechtigten entsprechend informiert, so dass sie eine Entscheidung bezüglich der Schule treffen können. Wird das Kind an der Schule aufgenommen, wird eine Aufnahmebestätigung eingeholt und an die Beratungsstelle weitergeleitet. In Folge beraten und begleiten Bildungseinstiegsbegleiter_innen bei Bedarf zu Gesprächen im schulischen Kontext.
Die Schulbildungsberatung wird im Bildungsbüro angesiedelt und soll nach Möglichkeit noch im ersten Halbjahr des Schuljahres 2018/2019 starten.
In die Stellenplanvorlage 2019 wurde bereits vorsorglich die Schaffung von 1,5 Stellen (E 11) zur Aufgabenwahrnehmung aufgenommen. Bei entsprechender Beschlussfassung soll eine umgehende Umsetzung ggf. unter Inanspruchnahme der Stellenreserve im Vorgriff auf den Stellenplan erfolgen. Über eine dauerhafte Fortführung der Aufgabe sowie über Art und Umfang der Aufgabenwahrnehmung wäre nach einer entsprechenden Evaluation gesondert zu entscheiden. Die Koordination der Schulbildungsberatung und alle darin anfallenden Aufgaben werden solange das Projekt Kommunale Koordination für Neuzugewanderte besteht, in diesem Rahmen übernommen.
Durch die Ansiedlung der Schulbildungsberatung im Bildungsbüro ist die Nähe zur Kommunalen Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte, zum Bildungsmonitoring und dem Bildungsmanagement der Stadt Braunschweig sowie zur Bildungskoordination der Bildungsregion Braunschweig gegeben. Die stadtweite Vernetzung mit Bildungsakteuren und die thematische Nähe zur Schule ist hier vorhanden.
Relevante städtische Stellen, wie z. B. das Sozialreferat, der Fachbereich Soziales und Gesundheit und der Fachbereich Kinder, Jugend und Familie sowie externe Stellen wie die NLSchB, Braunschweiger Schulen, die VHS und das Haus der Kulturen werden zur bedarfsgerechten Unterstützung einbezogen.
5. Finanzierung
Die Finanzierung wurde durch die Lotto-Sport-Stiftung sowie die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ermöglicht. Die Gesamtkosten gliedern sich in Personal- und Sachkosten auf und belaufen sich für das erste Jahr auf 150.345,00 €. Die städtischen Mittel von Ref. 0120 sowie die Zuwendungen des Bundes stehen zur Finanzierung der Personalkosten zur Verfügung; die Mittel des FB 50 aus dem Fonds zur Förderung von Integrationsprojekten sowie die Stiftungsgelder decken die Sachkosten ab.
Um die Umsetzung von SchuBS zeitnah zu starten, werden die Kosten für das Kompetenzfeststellungsverfahren im ersten Jahr innerhalb des Dezernats V durch den Fachbereich 51 sichergestellt. Somit ist das Projekt ohne zusätzliche Belastung des städtischen Haushalts für die ersten 12 Monate vollfinanziert und könnte umgehend starten. Es entsteht in diesem Zeitraum keine zusätzliche Belastung des städtischen Haushalts.
Nach Ablauf des ersten Maßnahmenjahres können die Aufwandsmittel aus dem Budget des Bildungsbüros (Haushaltsplan-Entwurf 2019) finanziert werden.
Die Zuweisungen des Bundes in Höhe von 40.000 € im Rahmen der Kommunalen Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte werden längstens bis 2021, unter Umständen nur bis 2019 gewährt. Die Verlängerung der kw 2019-Vermerke auf kw 2021 an zwei vorhandenen Stellen Sachbearbeiter/in Bildungskoordination für Neuzugewanderte (E 13), in deren Rahmen auch die Koordination für die Schulbildungsberatung im Umfang einer halben Stelle mit abgedeckt wird, ist bereits in die Stellenplanvorlage aufgenommen.
Die Mittel des Ref. 0120 in Höhe von 75.000 € stehen nur für das erste Jahr der Maßnahme zur Verfügung. Finanziert werden von dieser Summe im ersten Jahr 1,5 Beratungsstellen. Bei Fortsetzung des Projektes darüber hinaus würden insoweit Haushaltsbelastungen entstehen. Die 1,5 Stellen für die Schulbildungsberatung (E 11) sind mit Sperrvermerk in die Stellenplanvorlage 2019 aufgenommen.
Ein möglicherweise größeres Arbeitsaufkommen durch die Kompetenzfeststellungsverfahren sowie die ggf. dafür erforderlichen Mittel werden im Rahmen der Evaluation, die im ersten Quartal stattfindet, ermittelt. Dann ist zu prüfen, ob die Mittel aus dem Dezernat finanziert werden können. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es zum Arbeitsaufkommen bzw. zu Sachaufwendungen noch keine Erfahrungswerte.
Beschluss: Eine Schulbildungsberatung, angesiedelt im Bildungsbüro der Stadt Braunschweig, wird mit sofortiger Wirkung eingeführt. Nach sechs Monaten ist eine Evaluation durchzuführen. Die Ergebnisse werden den politischen Gremien vorgestellt. Zur dauerhaften Fortführung der Aufgabe sowie zu Art und Umfang der weiteren Aufgabenerledigung soll ein gesonderter Ratsbeschluss erfolgen.
Anlage/n: Stufenmodell SchuBS
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