Rat und Stadtbezirksräte

Vorlage - 17-03859-01  

Betreff: Herbizidfreies Braunschweig?
Status:öffentlichVorlage-Art:Stellungnahme
  Bezüglich:
17-03859
Federführend:DEZERNAT VII - Finanzen, Stadtgrün und Sportdezernat   
Beratungsfolge:
Rat der Stadt Braunschweig zur Kenntnis
21.02.2017 
Sitzung des Rates der Stadt Braunschweig zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlage/n

Sachverhalt:

 

Zur Anfrage der BIBS-Fraktion (DS 17-03859) vom 08.02.2017 wird wie folgt Stellung genommen:

 

Vorbemerkungen:

 

Der Beantwortung der konkreten Fragestellungen der Anfrage möchte ich vorausgeschicken, dass gemäß § 12 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz) Pflanzenschutzmittel auf Freilandflächen nur eingesetzt werden dürfen, soweit diese landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden.

 

Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf befestigten Freilandflächen und auf sonstigen Freilandflächen, die weder landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden, also sogenanntes Nichtkulturland, sowie der Einsatz in und unmittelbar an oberirdischen Gewässern und Küstengewässern ist grundsätzlich verboten.

 

Das Pflanzenschutzamt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kann als zuständige Behörde Ausnahmen für die Anwendung zugelassener Pflanzenschutzmittel auf befestigten Freilandflächen genehmigen, wenn der angestrebte Zweck vordringlich ist und mit zumutbarem Aufwand auf andere Art nicht erzielt werden kann und überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier oder des Naturhaushaltes, nicht entgegenstehen.

 

Bis zum Jahr 2012 lag dem Fachbereich Stadtgrün und Sport für den Einsatz auf befestigten Flächen im öffentlichen Verkehrsraum eine entsprechende Ausnahmegenehmigung vor, sodass ein Ausbringen mittels des besonders umweltschonenden Rollenstreichverfahrens erfolgte, bei dem lediglich die oberirdischen Pflanzenteile des unerwünschten Aufwuchses benetzt wurden, um Streuverluste und Einträge in Gewässer auszuschließen.

 

Seit dem Jahr 2013 wird das Wildkrautprojekt von der Volkshochschule Braunschweig Arbeit  und Beruf GmbH durchgeführt. Sach- und fachkundiges Personal zum Ausbringen von Herbiziden steht in diesem Projekt nicht zur Verfügung, sodass seitens der Stadt ab dem Jahr 2013 keine Ausnahmegenehmigungen für die Ausbringung von Herbiziden auf befestigten Flächen im öffentlichen Verkehrsraum  im Rahmen des Wildkrautprojektes mehr beantragt worden sind.

 


Zu Frage 1:

 

Die Verwendung ist unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte insbesondere auf Sportfunktionsflächen als alternativlos anzusehen. Die Verwaltung beabsichtigt daher nicht grundsätzlich, auf den Einsatz von Herbiziden zu verzichten.

 

Alternativ zum zulässigen Ausbringen von Herbiziden auf gärtnerischen Flächen ist lediglich eine herkömmliche mechanisch-manuelle Wildkrautbeseitigung durch Mitarbeiter des Fachbereichs Stadtgrün und Sport möglich. Diese Methode ist überaus zeit- und personalintensiv und weniger nachhaltig als der Einsatz von Selektivherbiziden. Die dafür erforderlichen personellen Ressourcen stehen im Fachbereich auch unter Berücksichtigung der im Stellenplan 2017 zusätzlich vorgesehenen Gartenarbeiterstellen nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung, sodass im Bedarfsfall zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit und zum Funktionserhalt weiterhin ein Ausbringen von Herbiziden unerlässlich sein wird.

 

Aufgrund einer relativ begrenzten und weiter abnehmenden Anzahl der durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zugelassenen selektiv wirkenden Herbizide ist eine Kompensation durch den Einsatz zusätzlicher personeller Ressourcen zur Aufrechterhaltung der Verkehrsübersicht notwendig.

 

Eine Entfernung unerwünschter Wildkräuter durch alternative thermische Verfahren und Geräte, wie etwa der in der Anfrage erwähnte Einsatz des „Heißwasserschaumverfahrens“, ist in gärtnerisch genutzten Anlagen nicht möglich. Da das Wasser bei diesem Verfahren mit einer Temperatur von rund 95° Celsius auf die Vegetationsbestände ausgebracht wird, ist bei einem Einsatz in gärtnerischen Grünflächen nicht nur ein Absterben der Wildkräuter, sondern als Kollateralschaden aller gewünschten Zier- und Kulturpflanzen die Folge.

 

Zu Frage 2:

 

Durch die Verwaltung erfolgt ein Einsatz von geeigneten selektiv wirkenden Herbiziden im Bedarfsfall zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit und der Funktionsfähigkeit von Gehölz- und Bodendeckerpflanzungen vorwiegend im öffentlichen Straßengrün und auf Sportrasenspielfeldern. Da diese Flächen per Definition „gärtnerisch genutzte Anlagen“ darstellen, ist hier gemäß Pflanzenschutzgesetz ein Einsatz von zugelassenen Herbiziden möglich, für den es keiner weiteren behördlichen Genehmigung bedarf.

 

Weiterhin ist ein Einsatz von Herbiziden vorgesehen auf Tennenflächen von Vereins- und Schulsportanlagen (Groß- und Kleinspielfelder, Lang- und Kurzstreckenlaufbahnen sowie Anlaufbahnen für den Weitsprung) zur wirtschaftlichen und nachhaltigen Bekämpfung von Unkräutern zur Wahrung der Verkehrssicherheit, Vermeidung von Unfallgefahren und zum Erhalt der Funktionsfähigkeit.

 

Die städtischen Gesellschaften Braunschweig Stadtmarketing GmbH, Braunschweig Zukunft GmbH, Grundstücksgesellschaft Braunschweig mbH, Struktur-Förderung Braunschweig GmbH, Volkshochschule Braunschweig GmbH, Stadthalle Braunschweig Betriebsgesellschaft mbH, Stadt Braunschweig Beteiligungs-Gesellschaft mbH, die Braunschweiger Verkehrs-GmbH, die Stadtbad Braunschweig Sport und Freizeit GmbH, die Flughafen-Braunschweig Wolfsburg GmbH sowie die Kraftverkehr Mundstock GmbH teilten auf Anfrage mit, keine Herbizide einzusetzen.

 

Die Hafenbetriebsgesellschaft Braunschweig mbH teilte mit, im Rahmen der Aufwuchsbekämpfung in den Gleisanlagen der Hafenbahn zum Schutz der Infrastruktur und Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit Pflanzenschutzmittel einzusetzen.

 


Die Nibelungen-Wohnbau-GmbH Braunschweig setzt zur Wildkrautunterdrückung ausschließlich auf gärtnerisch genutzten Flächen (Gehölzflächen) zugelassene Herbizide wie z. B. Round Up ein. Der Einsatz erfolgt sowohl mit eigenen Mitarbeitern auf rund 120 000 m² Gehölzflächen als auch mit Fremdfirmen im Rahmen pauschaler Komplettpflegeverträge.

 

Das städtische Klinikum Braunschweig gGmbH teilt mit, an den Standorten Saldahlumerstraße, Cellerstraße und Holwedestraße auf Wegen mit wassergebundener Decke zweimal jährlich das Mittel „Roundup“ einzusetzen. Hintergrund ist hierbei, dass aus Sicherheitsgründen Feuerwehrzufahrten und Gehwege für Patienten, Besucher und Personal von Pflanzenwuchs freigehalten werden sollen.

 

Zu Frage 3:

 

Der Stadt Braunschweig liegen zurzeit keine Ausnahmegenehmigungen zum Ausbringen von Herbiziden seitens des genannten Ministeriums vor. Für das Jahr 2017 wurde ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung zum Ausbringen von glyphosathaltigen Herbiziden auf Tennenflächen der städtischen Sportanlagen bei dem zuständigen Pflanzenschutzamt der Landwirtschaftskammer Niedersachsen gestellt. Sollte wie in den Vorjahren der Antrag abschlägig beschieden werden, wird die Verwaltung kurzfristig prüfen, ob sie den Klageweg beschreitet.

 

Die Hafenbetriebsgesellschaft Braunschweig mbH setzt mit Genehmigung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Herbizide mit dem Wirkstoff Flumioxazin oder Flazasulfuron ein. Die Ausnahmengenehmigungen wurden in der Vergangenheit mit einer Gültigkeit für das jeweils laufende Kalenderjahr erteilt. Der letzte Einsatz fand im Jahr 2015 statt. 2016 wurde auf eine Anwendung verzichtet. Ob 2017 eine Behandlung erforderlich ist, hängt vom Grad der tatsächlichen Verkrautung ab.

 

Die Braunschweiger Verkehrs-GmbH teilt diesbezüglich mit, dass es nicht möglich ist, die Verkrautung des Gleisnetzes manuell oder mit maschinellen Verfahren zu bekämpfen. So wurde bereits in der Vergangenheit durch die Verkehrs-GmbH insbesondere auch das Heißschaumverfahren ausgiebig getestet und auch durch den entsprechenden Dienstleister für diesen Einsatzzweck als nicht geeignet eingestuft.

 

Vor diesem Hintergrund hat die Braunschweiger Verkehrs-GmbH am 26. Januar 2017 einen Antrag gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 des Pflanzenschutzgesetzes bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen gestellt. Dieser Antrag beinhaltet die Verwendung von glyphosathaltigem Pflanzenschutzmittel im Splittingverfahren zweimal pro Jahr mit jeweils halber Aufwandmenge auf 19,4 km stark verkrautetem Gleis. Des Weiteren wird die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln mit Flumioxazin und/oder Flazasulfuron, jeweils eine Anwendung pro Jahr und Wirkstoff mit jeweils maximaler Aufwandmenge, auf 4,05 km normal verkrautetem Gleis beantragt.


 

 


Anlage/n:

keine

 

Stammbaum:
17-03859   Herbizidfreies Braunschweig?   0100 Steuerungsdienst   Anfrage (öffentlich)
17-03859-01   Herbizidfreies Braunschweig?   DEZERNAT VII - Finanzen, Stadtgrün und Sportdezernat   Stellungnahme

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