Rat und Stadtbezirksräte
Vorlage - 18-08505
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Sachverhalt:
A. Ausgangspunkt ISEK
Braunschweig hat im September 2015 einen Beteiligungsprozess auf den Weg gebracht. Unter dem Titel „Denk Deine Stadt!“ wurde ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) gestartet, dessen erklärte Zielsetzung ein Zukunftsbild für die Stadt Braunschweig für das Jahr 2030 zeichnen soll. In verschiedenen Dialogformaten hatten sowohl die Bürgerinnen und Bürger, als auch Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Kunst, Wissenschaft und Verbänden die Gelegenheit, sich in die jeweiligen Formate und Arbeitsphasen einzubringen. Auf Grundlage der ersten Beteiligungsphase wurde ein Zukunftsbild der Stadt mit übergeordneten Leitzielen und konkreten Strategien gezeichnet. Auf dieser Grundlage wurden für die jeweiligen Leitziele detaillierte Projekte entwickelt.
Das Leitziel „Braunschweigs Potenziale stärken“ betont bereits in der Definition der konkreten Einzelstrategien den Stellenwert von Kunst und Kultur für Braunschweig. Der ISEK-Prozess hat die Relevanz von Kunst und Kultur als stadtgestaltende und sinnstiftende Impulsgeber sowie wesentliche Standortfaktoren sowohl für die Bevölkerung als auch für Gäste der Stadt herausgestellt. Dort setzt die Kulturentwicklungsplanung an.
In einem ganzheitlichen Prozess sollen Antworten darauf gefunden werden, welche Ziele und Ausrichtung die Kulturpolitik Braunschweigs künftig verfolgt.
Um auf die aktuellen und künftigen kulturbezogenen Herausforderungen adäquat reagieren zu können und die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen für die kulturelle Landschaft und Infrastruktur der kommenden Jahre abzustecken, benötigt Braunschweig kulturpolitisch-strategische Leitlinien, die in einem partizipativen Prozess zu erarbeiten sind und die facettenreichen Rahmenbedingungen der kommunalen Kulturarbeit abbilden.
Doch nicht nur die Rahmenbedingungen der künftigen Kulturentwicklung sind hierbei zu erarbeiten, sondern vor allem auch die Zielsetzungen und Perspektiven, welche die Kulturarbeit in Braunschweig in den kommenden Jahren determinieren werden.
Erst auf der Grundlage klar formulierter Leitlinien und Zielsetzungen wird es möglich sein, konkrete Visionen und Zukunftsperspektiven zu entwickeln, Prioritäten zu formulieren, Potentiale zu erschließen und die Braunschweiger Kulturlandschaft nachhaltig voranzubringen.
Aus dieser Gesamtsystematik heraus ist der Prozess einer Kulturentwicklungsplanung für Braunschweig als ISEK-Rahmenprojekt definiert.
B. Kulturentwicklungsplan - Einführung und Rückblick
Kultur nach Plan
„Kultur nach Plan heißt: Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur gestalten.“ [1]
„Das Thema Kulturentwicklungsplanung (KEP) als das zentrale Instrument, das Diskurse und Öffnungen ermöglicht, hat … in Deutschland seit einigen Jahren Konjunktur.“ [2]
Braunschweig hat, anders als eine Vielzahl anderer bundesdeutscher Kommunen, bislang weder Kulturelle Leitlinien noch eine Kulturentwicklungsplanung. Im Jahr 2003 wurde im Rahmen der damaligen Kulturhauptstadtbewerbung eine Kulturentwicklungsplanung begonnen und bis zur Beschlussreife des Moduls „Reform der Kulturförderrichtlinien“ gebracht. An dem Prozess hat sowohl eine große Zahl der Braunschweiger Kulturschaffenden als auch die Kulturverwaltung über mehrere Jahre intensiv gearbeitet. Das damalige Verfahren sah keine Unterstützung in Form einer externen Agentur für Moderation und Beratung vor.
Wenngleich die Kulturhauptstadtbewerbungsschrift durchaus Grundzüge einer Kulturentwicklungsplanung trug und bis heute trägt, einzelne zielgerichtete und wirkungsvolle Instrumente der Kulturentwicklungsplanung, wie die seit dem Jahr 2007 geltenden Kulturförderrichtlinien, beschlossen wurden, so war und ist nach wie vor das Ziel, eine originäre Kulturentwicklungsplanung vorzulegen.
Anfang der 2000er Jahre waren es noch relativ wenige Kommunen, die sich der Thematik eines Kulturentwicklungsplans, und dem, was heute darunter verstanden wird, zugewandt haben. Vielmehr waren es primär „Leitlinien“, die mit dem gegenwärtigen partizipatorischen Prozess, als Grundlage einer heutigen Kulturentwicklung, nur wenig gemein haben. Seit 2010 hat sich das Interesse an der Erstellung kommunaler Kulturentwicklungsplanungen intensiviert, wie eine Tagung im nordrhein-westfälischen Arnsberg im September 2017 zur Frage der Genese von Kulturentwicklungsplanungen gezeigt hat. Teilnehmer waren hier über 350 Kulturschaffende, Museen, Vereine und andere Netzwerke sowie Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung.
Im Jahr 2013 war ein kulturpolitischer Bundeskongress in Berlin dem Thema „Kultur nach Plan? Strategien konzeptbasierter Kulturpolitik“ gewidmet. In dieser neuerlichen Phase von Kulturentwicklungsplanungsdiskussionen sind in Braunschweig, im Kontext der Debatte um die Kompensation des 2002 geschlossenen Freizeit- und Bildungszentrums (FBZ), vier Referenten aus dem Umfeld der Kulturpolitischen Gesellschaft (KuPoGe) sowie zuletzt Frau Bielicky als KEP-Koordinatorin der Stadt Düsseldorf in die Sitzungen des Ausschusses für Kultur und Wissenschaft eingeladen worden. In der Konsequenz der Schließungsdebatte und des politischen Auftrags, einen Ersatz für das geschlossene FBZ zu schaffen, wurde das Entwicklungskonzept Soziokultur gestartet, das am 09.12.2014 durch den VA verabschiedet wurde (Drs-Nr. 17272/14).
Die Erfahrungen mit der Erarbeitung des Entwicklungskonzeptes Soziokultur und die Erkenntnisse des erfolgreichen Prozesses in Düsseldorf führen zu der Schlussfolgerung, dass die Unterstützung der Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplanes für Braunschweig unter Moderation und inhaltlicher Begleitung durch eine externe Agentur resp. ein externes Institut als zielführend zu betrachten ist.
Inzwischen haben viele Kommunen ihre Kulturentwicklungspläne bereits einer Überarbeitung unterzogen und sind im Begriff, die Planungen an die sich verändernden gesellschaftlichen, sozialen und auch kulturellen Rahmenbedingungen anzupassen. Die Stichworte für die Definition der Kriterien, die hier im Raum stehen, sind auch für die Planung in Braunschweig von grundlegender Bedeutung:
Es seien hier u. a. genannt:
- die demographische Bevölkerungsentwicklung in Braunschweig und ihre Diversifizierung inkl. der daraus folgenden Konsequenzen für die Rezeption und Mitgestaltung der Kultur in der Stadt,
- ein verändertes Nutzungsverhalten – Wandel von einer Angebots- hin zu einer Nachfrageorientierung,
- neue Ansätze des sog. Audience Building,
- der wachsende Bedarf an inter- und transkultureller Kulturarbeit sowie partizipativer kultureller Entwicklung und Teilhabe inkl. ihrer Förderung,
- die fortschreitende Digitalisierung sowie
- die wachsende Bedeutung des Bereiches Kulturelle Bildung sowie des Sektors Kultur- und Kreativwirtschaft.
C. Vorschlag für eine methodische Vorgehensweise eines Kulturentwicklungsplans für Braunschweig auf der Basis der erfolgreichen KEP-Planung der Stadt Düsseldorf
Orientierungsgröße für die methodische Vorgehensweise kann der in den Jahren 2016/17 erarbeitete Kulturentwicklungsplan für die Stadt Düsseldorf sein (www.kep-duesseldorf.de). In die Erarbeitung des Düsseldorfer Kulturentwicklungsplans sind zahlreiche Erfahrungen vorhergehender Kulturentwicklungsprojekte eingeflossen, weshalb er in besonderer Weise breit aufgestellt ist. Als aktueller Kulturentwicklungsplan einer Großstadt aus jüngster Zeit weist er zudem eine hohe partizipative Qualität auf und enthält zahlreiche auch für Braunschweig relevante Parameter, weshalb er von der Verwaltung als methodisch vorbildhaft erachtet wird.
Der Rat der Stadt Düsseldorf hatte im Dezember 2014 beschlossen, dass unter breit angelegter Beteiligung „Leitmotive“ und „kulturpolitische Ziele und Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung der Kunst- und Kulturstadt Düsseldorf“ erarbeitet werden sollten, um für den Kulturbereich gemeinsam mit den Kulturschaffenden und den Bürgerinnen und Bürgern ein Zukunftsbild zu entwickeln. Als weitere Zielsetzung sollte der Kulturentwicklungsplan einen Beitrag leisten, um die sich verändernde Stadtgesellschaft neu zu erschließen und um gemeinsam Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Zugleich sollten bestehende Potenziale nicht nur sichtbar gemacht und gewürdigt, sondern auch als Fundament für zukünftige Entwicklungen genutzt und gestärkt werden.
Phasenkonzept in Düsseldorf
In einer ersten Phase, einem Analyse- und Partizipationsprozess, wurden in Düsseldorf Bedarfe und Zukunftsperspektiven ermittelt, aus denen Schwerpunkte, Ziele und Maßnahmen für eine konzeptbasierte und dialogorientierte Ausrichtung der kulturpolitischen Praxis und eine zeitgemäße Kulturentwicklung erarbeitet und in einem Abschlussbericht zusammengefasst wurden. Diese erste Phase dauerte ca. 1,5 Jahre.
Die zweite Phase konstituierte den Prozess der Maßnahmenumsetzung, der mittels erforderlicher Beschlüsse einzuleiten war. Die zweite Phase ist in Düsseldorf aktuell noch nicht abgeschlossen.
Detaillierte Ausführungen zum Verfahren in Düsseldorf teilte die dortige KEP-Koordinatorin, Frau Dinah Bielicky, in ihrem Kurzvortrag in der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Wissenschaft am 2. März 2018 in Braunschweig mit. Frau Bielicky schloss ihren Vortrag damit, dass insbesondere ein gemeinsamer Wille von Politik und Verwaltung wichtig sei, eine Veränderung anzugehen. Dies beinhaltet insbesondere auch die entsprechende Bereitstellung von finanziellen Ressourcen und eine grundsätzliche Gesprächsbereitschaft auf allen Seiten.
I. KEP-Architektur in Düsseldorf
Wie eingangs dargestellt, erfolgte die Düsseldorfer Kulturentwicklungsplanung als Reflexions- und Kommunikationsprozess mit externer Unterstützung, wobei insbesondere die professionelle Moderation der Experteninterviews und Workshops entscheidend war. Nachfolgend werden die wesentlichen Elemente der Düsseldorfer KEP-Architektur dargestellt, die für den Entwurf einer Braunschweiger Kulturentwicklungsplanung als vorbildgebend angesehen werden können.
KEP-Beirat
Der Kulturentwicklungsprozess in Düsseldorf wurde von einem Beirat kritisch-konstruktiv unterstützt und bis heute begleitet. Diesem gehörten ausgewählte Kulturpolitiker, Kulturverwalter, Kulturschaffende, Kulturvermittler und Akteure aus für die Kultur bedeutenden Querschnittsbereichen an.
Kulturschaffende
Die Meinungen, Wünsche und Anregungen der Akteure in der Düsseldorfer Kulturszene wurden in offenen Interviews sowie in leitfadengestützten Experteninterviews ermittelt. Außerdem wurde in Workshops die Grundstimmung unterschiedlicher Spartenvertreter aufgenommen.
Bürgergruppen
In dem Analyse- und Partizipationsprozess wurden zudem unterschiedliche Bürgergruppen wie z.B. Schülerinnen und Schüler, und Jugendliche u.a., im Rahmen von Workshops zur Mitwirkung eingeladen. Auf Grundlage der Workshop-Ergebnisse wurden Bedarfe und Zukunftsperspektiven ermittelt, aus denen Schwerpunkte, Ziele und Maßnahmen für eine konzeptbasierte und dialogorientierte Ausrichtung der kulturpolitischen Praxis, sowie eine zeitgemäße Kulturentwicklung erarbeitet und in einem Abschlussbericht zusammengefasst.
Im Nachgang der Aufstellung der Kulturentwicklungsplanung wurden die formulierten und empirisch fundierten Maßnahmen sukzessive durch die Politik, den Beirat und die Verwaltung bewertet, priorisiert und befinden sich momentan in der Phase der Umsetzung.
II. Mögliche Handlungsfelder/Querschnittsthemen und Prozessbausteine des KultEP in Braunschweig
Unter Berücksichtigung der obigen Erfahrungen des Kulturentwicklungsplan Düsseldorf, der kulturspezifischen Bürgeranregungen im Rahmen des Braunschweiger ISEK-Prozesses sowie unter Berücksichtigung der derzeitigen kulturspezifischen Bedingungen in Braunschweig ergeben sich potentiell die folgenden Handlungsfelder und Querschnittsthemen sowie grundsätzlich erforderliche Prozessbausteine:
Handlungsfelder/Querschnittsthemen:
- Erarbeitung kulturpolitisch-strategischer Leitlinien für die Kultur in Braunschweig,
- Sichtbarmachung der Braunschweiger Kultur in allen Facetten,
- Analyse der bestehenden Förder- und Kooperationspraxis,
- Dialogfähigkeit zwischen Kulturschaffenden und Kulturverwaltung,
- Kulturelle Bildung,
- Inklusion,
- Integration,
- Angebotsstruktur,
- Kulturelle Infrastruktur,
- Kultur in den Stadtteilen Braunschweigs,
- Outsourcing von Aufgaben aus der Kulturverwaltung,
- Kultur als Querschnittsthema für Tourismus,
- Kultur als Querschnittsthema zur Gewinnung von Fach- und Führungskräften,
- Kultur und Kreativwirtschaft.
Prozessbausteine:
- Erstellung einer Stärken-Schwächen-Analyse der Kulturlandschaft als Grundlage für den Prozess,
- Durchführung von Experteninterviews sowie einer Netzwerkanalyse,
- Durchführung von Workshops mit verschiedenen Kulturakteuren,
- Durchführung von Workshops mit verschiedenen Zielgruppen, z. B. Jugendlichen sowie Menschen mit Migrationshintergrund,
- Durchführung einer Bürgerumfrage,
- Durchführung einer Führungskräftebefragung,
- Auswertung und Einarbeitung der Ergebnisse der Workshops mit Braunschweiger Bürgerinnen und Bürgern im Rahmen des ISEK-Prozesses.
Das „Entwicklungskonzept Soziokultur Stadt Braunschweig“ soll dabei in die Gesamtkonzeption einfließen. Die Erarbeitung des KultEP soll an den ISEK-Prozess anknüpfen und auch die Rohdatensätze der Ergebnisse der Bürgerumfrage und der Führungskräftebefragung als zusätzliche Bausteine verwenden. Als Teilnehmer für die Workshops sollen insbesondere auch engagierte Bürgerinnen und Bürger angesprochen werden, unter anderem sollen diese über Freundeskreise von Kultureinrichtungen und Kontakte im Ehrenamt gewonnen werden.
D. Konkrete Umsetzung des KultEP in Braunschweig (siehe Anlage „Schaubild“)
I. Phasen
Basierend auf der KEP-Architektur in Düsseldorf sind, nach der Beschlussfassung zur generellen Durchführung einer Kulturentwicklungsplanung in Braunschweig, die folgenden Phasen vorgesehen:
1. KultEP-Hauptphase (Kulturumfrage und Führungskräftebefragung)
Für den Zeitraum nach der Grundsatzbeschlussfassung durch die politischen Gremien soll bereits frühzeitig in einem ersten Schritt, analog zur Stadt Düsseldorf, eine KultEP-Koordinierungsstelle eingerichtet werden. Diese Aufgabe soll mit der im Haushalt 2018 neu eingerichteten Stelle „Wissenschaftlicher Sachbearbeiter kulturelle Grundsatzfragen“ besetzt werden.
Als beratendes und begleitendes Gremium sollte ein Beirat eingerichtet werden. Hier kann analog auf das Modell der „Arbeitsgruppe“ zur Erarbeitung des Entwicklungskonzeptes Soziokultur zurückgegriffen werden: die Verwaltung macht Vorschläge für die Besetzung mit externen Vertreterinnen und Vertretern, wobei die Fraktionen jeweils ihre kulturpolitischen Sprecher entsenden.
Nach den Herbstferien 2018 sollen kulturelle Bedarfe mittels einer Bürgerumfrage ermittelt werden. Kommunale Bürgerumfragen gehören zu den anerkannten statistischen Instrumenten, mit deren Hilfe neben den objektiven Daten zusätzliche Informationen gewonnen und fortgeschrieben werden. Damit erhalten Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung subjektive Einschätzungen und Meinungen aus der Bürgerschaft, die die städtischen Lebensbedingungen betreffen (siehe u.a. „Braunschweig im Urteil seiner Bürgerinnen und Bürger – Umfrage zur Lebensqualität in deutschen Städten 2015“, www.braunschweig.de/stadtforschung).
Die Auswertung dieser Umfrage ist derzeit für das Ende des IV. Quartals 2018 geplant. An diese Bürgerumfrage soll anschließend im Zeitraum des I./II. Quartals 2019 eine Führungskräftebefragung stattfinden. Das besondere Erkenntnisinteresse der Stadt Braunschweig an der Nutzung und der Beurteilung des Braunschweiger Kulturangebotes durch die Zielgruppe „Führungskräfte“ aus Wirtschaft und Wissenschaft resultiert daraus, dass eine große Zahl dieser Führungskräfte, insbesondere von europa- und weltweit operierenden Konzernen wie auch der international vernetzten Hochschulen und (Bundes-) Forschungseinrichtungen, bereits an anderen Standorten im In- und Ausland tätig war und somit einen breiten Erfahrungsschatz über und konkrete Erwartungen an kulturelle Angebote in die Umfrage einbringen können. Viele dieser Beschäftigten haben ihren Wohnsitz in Braunschweig oder dem näheren Umland und damit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie das Braunschweiger Kulturangebot mehr oder weniger intensiv nutzen (möchten).
Darüber hinaus ist die Vielfalt der kulturellen Angebote und das kulturelle Ambiente einer Stadtregion im bundesweiten und internationalen Wettbewerb um Nachwuchs- und Führungskräfte ein sogenannter „weicher Standortfaktor“, der bei zunehmend spürbarem Fachkräfteengpass neben den attraktiven beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten und hoher Lebens- und Wohnqualität inzwischen erhebliche Bedeutung besitzt, weil die Vielfalt des Kulturangebots nicht zuletzt auch die Attraktivität und das Image einer Stadt entscheidend mitprägt. Die kulturhistorisch bedeutende Stadt Braunschweig besitzt nicht nur im Bereich des Einzelhandels, sondern auch in den Bereichen Gesundheit, Justiz, Bildung und Kultur seit langem eine oberzentrale Versorgungsfunktion für den sie umgebenden Wirtschafts- und Kulturraum. Die Bürgerumfrage und die Führungskräfteumfrage zum Kulturangebot in Braunschweig dienen nicht zuletzt auch dazu, entscheidungserhebliche Hinweise zu erhalten, was Braunschweig tun kann und sollte, um mittel- und langfristig im sich verschärfenden Standortwettbewerb bestehen und die vorhandenen kulturellen Stärken in Abstimmung mit den Kulturangeboten im Umland sichern und ausbauen zu können. Mit einer Auswertung der Führungskräftebefragung wird im II. /III. Quartal 2019 gerechnet.
Beide Umfragen verfolgen das Ziel, im Sinne einer empirisch fundierten Potenzialanalyse die bestehenden kulturellen Bedarfe herauszuarbeiten und erste Hinweise und Ansätze zu ermitteln, die für die weitere Kulturentwicklungsplanung als grundlegende Basis dienen. Der von der Verwaltung erarbeitete Entwurf der „Satzung über die Durchführung einer Bürgerumfrage zum Kulturangebot in Braunschweig“ (18-07165) wird den politischen Gremien parallel zu dieser Beschlussvorlage vorgelegt. Der Satzungsentwurf für die Führungskräftebefragung wird den politischen Gremien gesondert vorgelegt werden. Aus den Rückläufern dieser Umfragen werden in der Statistikstelle des Ref. 0120 Rohdatensätze erstellt.
2. KultEP-Hauptphase (Ausschreibung/Vergabe)
Nach Inkrafttreten der Haushaltssatzung 2019 soll in einem weiteren Schritt im II. Quartal 2019 eine Ausschreibung der Aufgaben für eine externe Agentur/einen externen Dienstleister für die Erarbeitung des Kulturentwicklungsplanes vorgenommen und der Auftrag vergeben werden. Vorgeschaltet werden soll ein öffentlicher Teilnahmewettbewerb, um zunächst geeignete Agenturen oder Institute zu ermitteln. Für die Beauftragung der externen Agentur zur professionellen Begleitung des KultEP-Prozesses ist es erforderlich, in den Haushalt 2019 einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 120.000 € einzustellen.
Nach Fertigstellung der von der externen Agentur erarbeiteten Strategie zur Erstellung des Kulturentwicklungsplans für Braunschweig soll diese dem Rat zur Beschlussfassung vorgelegt werden.
3. KultEP-Hauptphase (Erstellung KultEP und Beschlussfassung)
Auf Basis der vom Rat beschlossenen KultEP-Strategie ist für den Zeitraum des III. Quartals 2019 bis zum I. Quartal 2020 vorgesehen, die unter C II. avisierten Aspekte umzusetzen (insbesondere die vorgesehenen Workshops und Moderationsrunden). Unter Zugrundelegung der Annahme, dass alle von der Verwaltung beschriebenen Prozesse wie geplant verlaufen, kann derzeit von einer Beschlussfassung des KultEP durch die Politik bis Ende des Jahres 2020 ausgegangen werden.
Bei den jeweiligen Phasen wird der parallel stattfindende ISEK-Prozess Berücksichtigung finden.
4. KultEP-Hauptphase (Umsetzung)
Im Anschluss an die 3. Hauptphase beginnt die eigentliche KultEP-Umsetzung.
Die im KultEP-Abschlussbericht formulierten und empirisch fundierten Maßnahmen der Kulturentwicklungsplanung werden im Anschluss sukzessive gemeinsam durch die Politik, den Beirat und die Verwaltung bewertet, priorisiert und umgesetzt.
II. Aufgabenstruktur für den KultEP-Prozess
Die Aufgabendifferenzierung zwischen Kulturverwaltung und externer Projektbegleitung wird wie folgt vorgeschlagen:
Aufgaben der/des KultEP-Koordinator/in:
- Koordinierende Schnittstelle zur Kulturszene und Politik,
- Zentrale/r Ansprechpartner/in für den Kulturentwicklungsprozess,
- Betreuung des KultEP-Beirates,
- Organisatorische Vorbereitung und Mithilfe bei der Durchführung der avisierten Veranstaltungen,
- Kommunikation / Koordination bzw. Unterstützung.
Aufgaben der externen Projektbegleitung (Agentur/Institut):
- Prozesskonzept und -management,
- Analyse der Kulturlandschaft,
- Aufbau und Betreuung der Website,
- Planung, Moderation und Dokumentation der Workshops,
- Durchführung Experten-Interviews und Netzwerkanalyse,
- Erstellung Gesamtkonzept der kulturpolitischen Leitlinien.
- Analyse der Ergebnisse der Bürgerumfrage und der Führungskräftebefragung.
Aufgaben des Beirates:
- Begleitung und Steuerung des Prozesses,
- Diskussion wichtiger Ergebnisse und des Gesamtprozesses.
Aufgaben der Kulturverwaltung:
- Betreuung des Prozesses,
- Einrichtung eines Lenkungsgremiums (Beirat) für die Prozessbegleitung mit Vertretern aus Kultur, Politik, Verwaltung sowie weiteren relevanten Bereichen,
- Konzeptionelle Vorarbeiten und allgemeine Organisation,
- Aktive Mitarbeit im Rahmen der Workshops,
- Begleitende Öffentlichkeitsarbeit.
E. Prognostizierter Kostenrahmen
Es wurden insgesamt 20 Kommunen hinsichtlich ihrer bereits durchgeführten Kulturentwicklungsplanungen analysiert, insbesondere auch im Hinblick auf den Umfang der finanziell erforderlichen Mittel.
Die avisierten Kosten rangierten zwischen 85.000 € und 220.000 €. Ausgehend von einem Größenvergleich in Relation zu Braunschweig, ist für die Erarbeitung des Kulturentwicklungsplanes in Braunschweig von Kosten in Höhe von 120.000 € auszugehen.
Mit Blick auf die deutlich höheren Kosten anderer Kommunen kommt in Braunschweig positiv zum Tragen, dass die bereits erfolgte Erarbeitung des Entwicklungskonzepts Soziokultur und die Einbindung wesentlicher Ergebnisse des ISEK-Prozesses kostenreduzierend wirken. Die Kosten für die Bürgerumfrage und die Führungskräftebefragung werden aus dem laufenden Mittelansatz des Fachbereichs Kultur gedeckt.
Ab der vorgesehenen Beauftragung einer externen Koordinationsagentur für den KultEP-Prozess im Sommer 2019 soll die KultEP-Erstellung ca. 1-1,5 Jahre dauern. Es sollte am Ende des KultEP-Prozesses entschieden werden, ob der einzurichtende KultEP-Beirat dauerhaft als prozessbegleitendes Gremium Bestand haben soll.
[1] Neumann, Bernd (2013): Kulturpolitik und Planung. In: Institut für Kulturpolitik der kulturpolitischen Gesellschaft e. V. (Hrsg.): Jahrbuch für Kulturpolitik 2013, Bonn/Essen, S. 19.
[2] Landeshauptstadt Düsseldorf (Hrsg.) (2017): Abschlussbericht zur Kulturentwicklungsplanung, Düsseldorf, S. 13.
Beschluss:
Die Verwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit den Kulturschaffenden, engagierten Bürgerinnen und Bürgern und der Politik einen Kulturentwicklungsplan (KultEP) für die Weiterentwicklung von Kunst und Kultur in Braunschweig zu erstellen. Angelehnt an die in der Stadt Düsseldorf angewandte Kulturentwicklungsplanung sollen eine Bestands- und Potenzialbeschreibung der Förderfelder und Sparten, eine Definition der weiteren Kulturentwicklung mit Leitbild und Leitlinien sowie kulturpolitische Zielsetzungen und Handlungsempfehlungen Bestandteile des Planungsprozesses sein. Die Erarbeitung soll unter einer breit angelegten öffentlichen Beteiligung erfolgen.
Bereits existierende Grundlagen wie das Entwicklungskonzept Soziokultur, aber auch die kulturspezifischen Bürgeranregungen im Rahmen aus dem ISEK-Prozess und die von Seiten der Kulturverwaltung geplanten Kulturumfragen (Bürgerumfrage und Führungskräftebefragung - Beschlusspunkt 2) sind zu berücksichtigen.
- Die Verwaltung wird beauftragt, zur Grundlagenermittlung für die im Jahr 2019 startende Kulturentwicklungsplanung zur Ermittlung der kulturellen Bedarfe, eine Kulturumfrage bestehend aus einer Bürgerumfrage und einer Führungskräftebefragung und das dafür notwendige Satzungsrecht für die Erhebung vorzubereiten.
Anlage/n:
Anlage 1:Schaubild KultEP
Anlage 2:Zeitstrahl KultEP
Anlagen: | ||||
Nr. | Name | |||
1 | Anlage1_KultEP_Schaubild (197 KB) | |||
2 | Anlage2_Zeitstrahl_KultEP (174 KB) |