Rat und Stadtbezirksräte
Vorlage - 18-09432
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Begründung:
1. Vorbemerkung
In § 51 Abs. 1 S. 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) wird die Landesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen für den Taxenverkehr festzusetzen. Diese Ermächtigung hat die Landesregierung durch Rechtsverordnung übertragen. Gemäß § 16 Abs. 4 Nr. 3 der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Verkehr sind die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig für die Verordnungen nach § 51 Abs. 1 S. 1 PBefG.
2. Gutachten über die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes in der
Stadt Braunschweig
Im Jahr 2015 wurde durch die Verwaltung die Erstellung eines Gutachtens über die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes sowie eine gutachterliche Untersuchung der Tarife für das Taxengewerbe in der Stadt Braunschweig in Auftrag gegeben.
Das Gutachten sollte eine Beurteilung der Angemessenheit der seit 1. Jan. 2015 geltenden Taxentarife, die vor dem Hintergrund der Einführung des Mindestlohns um ca. 25 % erhöht worden waren, eine Empfehlung für die künftige Tarifentwicklung sowie eine Festlegung der Höchstgrenze der zuzulassenden Taxenkonzessionen für die Stadt Braunschweig beinhalten.
Laut dem Taxengutachten der Fa. TOKOM-Partner Rostock GmbH vom 23.11.2016 bestehen in wesentlichen Bereichen Anzeichen für eine bestehende und zukünftige Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Gewerbes in Braunschweig, insbesondere durch:
• die unzureichende Nachfrage
• den Rückgang der Auftragszahlen seit 01/2015
• die aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht auskömmliche Gewinnsituation
• das Nachtangebot des ÖPNV
• die steigende Zahl an Genehmigungsrückgaben aus wirtschaftlichen Gründen.
Der Gutachter gibt u. a. die folgenden Handlungsempfehlungen für die Stadt Braunschweig:
• Es sollten keine weiteren Taxigenehmigungen erteilt werden.
• Die Anzahl der erteilten Taxengenehmigungen (Anzahl Stand 31. Dez. 2016: 161 / Stand
22. Okt. 2018: 152) sollte auf 142 Genehmigungen reduziert werden.
• Da der aktuelle Tarif aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht auskömmlich sei, wird eine
Erhöhung der Taxentarife um ca. 13 % empfohlen. Hierzu sei im Rahmen des
Verwaltungsverfahrens neben der Auskömmlichkeit auch die Akzeptanz durch die Kunden
zu prüfen.
• Weiterhin wird die Prüfung und Umsetzung einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen
dem liniengebundenen ÖPNV und dem Taxigewerbe empfohlen.
3. Antrag des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V. (GVN)
auf Anpassung der Tarife
Der GVN beantragt mit Schreiben vom 10. September 2018 (eingegangen am 19. September 2018) folgende Änderungen der Taxentarife:
Anhebung des Grundentgeltes
- an Werktagen (Montag bis Samstag) von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr (T)
von derzeit 3,60 € auf 3,70 €
- an Werktagen (Montag bis Samstag) von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr (N)
und an Sonn- und Feiertagen
von derzeit 4,00 € auf 4,10 €
Erhöhung des Kilometerentgeltes
- an Werktagen (Montag bis Samstag) von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr (T)
bis 3.000 m Fahrleistung von 2,30 € auf 2,40 €
ab 3.000 m Fahrleistung von 1,90 € auf 2,00 €
- an Werktagen (Montag bis Samstag) von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr (N)
und an Sonn- und Feiertagen
bis 3.000 m Fahrleistung von 2,40 € auf 2,50 €
ab 3.000 m Fahrleistung von 1,90 € auf 2,00 €
Das Entgelt für Wartezeiten soll von 26,50 € je Stunde auf 27,00 € je Stunde
Wartezeit erhöht werden.
Die neuen Taxentarife sollen ab dem 1. Januar 2019 gelten.
Zur Begründung führt der GVN sowohl die vom Gutachter empfohlene dreizehnprozentige Tariferhöhung, die ab dem 1. Oktober 2017 nur zu ca. 5 Prozent umgesetzt wurde, als auch die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2019 auf 9,19 €, den zusätzlichen finanziellen Aufwand der Unternehmen zur Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung sowie die zukünftige Beteiligung der Arbeitgeber an der Zahlung des von Krankenkassen erhobenen Zusatzbeitrages an.
Im Zusammenhang mit diesem Erhöhungsantrag hält der GVN eine Kontingentierung auf 145 bis 155 Taxen für angemessen. Der Gutachtenempfehlung einer Reduzierung auf 142 Taxen soll nicht weiter gefolgt werden.
Stellungnahmen im Anhörungsverfahren
Zu dem vorgenannten Antrag des GVN wurden im gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungsverfahren die Industrie- und Handelskammer, die Gewerkschaft ver.di, die Braunschweig Zukunft GmbH sowie das Mess- und Eichwesen Niedersachsen angehört.
Die Industrie- und Handelskammer Braunschweig hat keine Bedenken gegen die geplante Anhebung der Taxentarife in der Stadt Braunschweig geäußert.
Auch von Seiten der Braunschweig Zukunft GmbH werden keine Bedenken gegen die geplante Tariferhöhung erhoben. Zwar sei die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht vorhersehbar und stelle natürlich ein Risiko dar, allerdings könne die sachliche Begründung des Taxengewerbes nachvollzogen werden. Das Taxengewerbe habe außerdem 2017 auf die gutachterlich empfohlene Tariferhöhung um 13 % verzichtet, um stattdessen in eher kürzeren Zeitabständen moderatere Erhöhungen vorzunehmen. Das Niveau der gutachterlich empfohlenen Erhöhung werde mit diesem Antrag noch nicht erreicht.
Das ebenfalls zu beteiligende Mess- und Eichwesen Niedersachsen, Hannover, hat aus eichamtlicher Sicht und unter Berücksichtigung der technischen Umsetzbarkeit ebenfalls keine Bedenken gegen die geplante Tarifanpassung geäußert. Allerdings sei für die Umsetzung eine Vorlaufzeit von 4 bis 6 Wochen einzuplanen. Bei einer Reduzierung dieses Zeitraumes kann die rechtzeitige Einführung des neuen Tarifes nicht garantiert werden.
Von Seiten der Gewerkschaft ver.di ist keine Stellungnahme zum Tariferhöhungsantrag eingegangen.
Allgemeine Bewertung der geplanten Tarifänderung sowie des Taxenkontingents
Die Stadt Braunschweig als zuständige Behörde für die Festsetzung von Beförderungsentgelten hat bei ihrer Prüfung insbesondere die wirtschaftliche Situation der Unternehmen, die Wirtschaftlichkeit der Beförderungsentgelte sowie das öffentliche Verkehrsinteresse und das Gemeinwohl zu berücksichtigen.
In den vergangenen 12 Jahren hat es in Braunschweig 6 Anpassungen der Taxentarife gegeben, wobei die letzte Änderung zum Oktober 2017 vorgenommen worden ist.
Im Vergleich zu anderen Gewerbezweigen hat das Taxengewerbe nicht die Möglichkeit, mit eigenen Preiskalkulationen auf die gesetzlichen und wirtschaftlichen Anforderungen zu reagieren; es ist vielmehr an die festgesetzten Entgelte gebunden.
Die Erhöhung der Tarife ist unter Berücksichtigung der vom GVN angeführten Gründe aus Sicht der Fachverwaltung existenziell wichtig und soll mit Wirkung vom 1. Januar 2019 in Kraft treten.
Im Pflichtfahrgebiet der Stadt Braunschweig gibt es derzeit 152 konzessionierte Taxen, die von insgesamt 78 Unternehmern betrieben werden. Der Empfehlung des Gutachters auf Reduzierung der Anzahl der Taxen (bis zu einer Anzahl von 142) im Falle einer Rückgabe der Taxenkonzession wurde bisher gefolgt.
Der GVN spricht sich nunmehr in seinem Antrag erneut für eine Kontingentierung auf 145
bis 155 Taxen (statt 142) aus. Die Anzahl von 152 Taxen liegt in diesem Bereich. Eine weitere Reduzierung ist derzeit nicht beabsichtigt.
Auswirkungen der Tarifänderung
Es ergeben sich durch den beantragten Tarif folgende Auswirkungen:
Beispielhafte Darstellung der Veränderungen der Taxenentgelte in % für verschiedene
häufig gefahrene Kurzstrecken (Tag)
Strecken |
bisher |
neu |
Erhöhung (%)
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1 km |
5,90 € |
6,10 € |
3,39 %
|
2 km |
8,20 € |
8,50 € |
3,66 %
|
3 km |
10,50 € |
10,90 € |
3,81 %
|
4 km |
12,40 € |
12,90 € |
4,03 %
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5 km |
14,30 € |
14,90 € |
4,20 %
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6 km |
16,20 € |
16,90 € |
4,32 %
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Beispielhafte Darstellung der Veränderungen der Taxenentgelte in % für verschiedene
häufig gefahrene Kurzstrecken (Nacht, Sonn- und Feiertage)
Strecken |
bisher |
neu |
Erhöhung (%)
|
1 km |
6,40 € |
6,60 € |
3,13 %
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2 km |
8,80 € |
9,10 € |
3,41 %
|
3 km |
11,20 € |
11,60 € |
3,57 %
|
4 km |
13,10 € |
13,60 € |
3,82 % |
5 km |
15,00 € |
15,60 € |
4,00 %
|
6 km |
16,90 € |
17,60 € |
4,14 %
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Die vom GVN beantragte Änderung der Beförderungsentgelte beinhaltet somit eine Erhöhung der bisherigen Tarife um durchschnittlich ca. 4 %.
Vergleich mit anderen Kommunen
Auch für die Landkreise Gifhorn, Wolfenbüttel, Peine sowie die Stadt Salzgitter wurden vom GVN zeitlich parallel ähnliche Anträge wie bei der Stadt Braunschweig eingereicht.
Vorrangiges Ziel der Verwaltung muss es sein, die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes unter den gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie das öffentliche Verkehrsinteresse zu wahren. Sollte es dem Braunschweiger Taxigewerbe zukünftig nicht möglich sein, Beförderungsleistungen kostendeckend anzubieten, muss verstärkt mit einer nicht gewollten Rückgabe von Taxikonzessionen aus betriebswirtschaftlichen Gründen gerechnet werden.
Vor diesem Hintergrund erscheint eine durchschnittliche Erhöhung der Taxentarife um 4 % mit Wirkung vom 1. Januar 2019 sachgerecht.
Beschluss:
„Die als Anlage beigefügte Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung über
Beförderungsentgelte und Beförderungsbedingungen für den Gelegenheitsverkehr mit
Taxen in der Stadt Braunschweig (Taxentarifordnung) wird beschlossen.“
Anlage/n:
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Anlagen: | ||||
Nr. | Name | |||
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