Rat und Stadtbezirksräte
Vorlage - 16-03375
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Sachverhalt:
Mit Schreiben vom 25.10.2016 wurde dem Rat von Herrn Markurth mitgeteilt, dass die Stadt wieder beabsichtigt am Volkstrauertag Kränze „an den von der Stadt gepflegten Ehrenmalen und Gedenkstätten“ niederzulegen. Genannt werden dabei unter anderem der „Ehrenschrein“ im Rathaus und das „Ehrenmal für die Toten des Krieges, der Gewaltherrschaft und der Vertreibung“ auf dem Stadtfriedhof.
Zum „Ehrenschrein“, der sich direkt vor dem großen Sitzungssaal befindet, gab es bereits vor 9 Jahren mehrere Versuche der Linksfraktion die zweifelhafte Ehrung an dieser Stelle zu beenden. Unter dem Schriftzug „Wir gedenken der Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die in den Jahren 1933-1945 ihr Leben für uns gelassen haben“ befindet sich jener „Ehrenschrein“ in dem sich ein „Buch der Gefallenen“ und ein „Buch der Vermissten“ befindet. Nach einer entsprechenden Anfrage der Linksfraktion in 2007 erklärte die Verwaltung, dass nicht ersichtlich sei, ob sich unter den dort geehrten Personen jüdische Mitarbeiter oder Widerstandskämpfer befinden. Welche Personen geehrt werden konnte durch die Anfrage aber zumindest zum Teil geklärt werden. Geehrt wird hier bspw. bis zum heutigen Tag das Mitglied der SS-Totenkopf-Div., Hans Schrader. Hinweis: Die SS-Totenkopf-Verbände wurden fast ausschließlich zur Bewachung von Konzentrationslager wie Ausschwitz oder Buchenwald eingesetzt. Ein weiterer, bis heute geehrter, ehem. Verwaltungsangestellter, ist der SS-Rottenführer Kurt Köhler. Der Antrag der Linksfraktion vom 02.05.2007, der vorsah, dass die Ehrung in der bisherigen Form eingestellt wird, wurde abgelehnt. Lediglich die Tür zum „Ehrenschrein“ bleibt seit 2007 auch bei der Kranzniederlegung geschlossen, damit nicht mehr ersichtlich ist wer dort geehrt wird.
Und auch die „Ehrung“ auf dem Stadtfriedhof findet in einer zweifelhaften Form statt. Bereits 2013 beteiligte sich eine Gruppe Neonazis an der Kranzniederlegung und legte einen Kranz für die „deutschen Kriegsopfer“ nieder. Nach eigenen Angaben seien die Neonazis „vom Veranstaltungsleiter, sowie hochrangigen Vertretern der Stadt, der Bundeswehr und einigen Burschenschaften freundlich und respektvoll begrüßt“ worden. Ausdrücklich bedankten sich die Neonazis per Facebook dann auch „bei dem Veranstaltungsleiter, der Presse und allen anwesenden Teilnehmern“ dafür, dass sie „ohne Vorurteile und Repressionen vor Ort sein durften“. Stadtrat Claus Ruppert kündigte daraufhin an, man wolle im „Gespräch mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ Möglichkeiten suchen, dass künftig „insbesondere extreme politische Gruppierungen keine Gelegenheit erhalten, die Veranstaltung für ihre Zwecke zu nutzen.“ Doch das ist offensichtlich nicht geschehen. Auch die diesjährige Kranzniederlegung entwickelte sich zum einem Tummelplatz von allen was rechts ist. Mitglieder der „Identitären Bewegung“, Vertreter der NPD-Jugendorganisation, farbentragende Burschenschafter der „Thurinigia“ und auch die AFD sollen teilgenommen haben. Der Vertreter des Volksbundes soll dazu gegenüber der Presse erklärt haben, dass er die Veranstaltung am liebsten an die Stadt abgeben würde, die will sie aber laut Presse nicht haben.
Vor diesem Hintergrund wird die Verwaltung gefragt:
1. Worin liegt der Grund für die besondere Ehrung der ehem. Mitarbeiter ab 1933 (bis 1945)?
2. Wäre es nicht sinnvoller, generell der Opfer des Nationalsozialismus und der Widerstandskämpferinnen und –kämpfer zu gedenken und die bisherige Ehrung am „Ehrenschrein“ aufzugeben?
3. Wie könnten die Kranzniederlegungen zukünftig ablaufen, ohne dass sie von Rechten für ihre Zwecke missbraucht werden?
Anlagen:
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