Rat und Stadtbezirksräte

Vorlage - 16-03375-01  

Betreff: Volkstrauertag würdig begehen
Status:öffentlichVorlage-Art:Stellungnahme
  Bezüglich:
16-03375
Federführend:DEZERNAT II - Organisations-, Personal- und Ordnungsdezernat   
Beratungsfolge:
Rat der Stadt Braunschweig zur Kenntnis
06.12.2016 
Sitzung des Rates der Stadt Braunschweig zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlage/n

Sachverhalt:

Herr Ratsvorsitzender, meine Damen und Herren,

 

gestatten Sie mir bitte zunächst eine Vorbemerkung, bevor ich die drei Einzelfragen beantworte. Herr Sommerfeld, ich teile die Auffassung, dass der Volkstrauertag würdig zu begehen ist, uneingeschränkt. Die Absicht in die Tat umzusetzen, heißt in diesem Fall aber auch, der Versuchung zu widerstehen, diesen Gedenktag für eigene politische Ziele zu instrumentalisieren. Das ist Ihnen, wenn ich mir die Begründung Ihrer Anfrage vor Augen halte, bedauerlicherweise nicht gelungen.

 

In der Anfrage nehmen Sie Bezug auf die Kranzniederlegung am Ehrenschrein vor dem Ratssitzungssaal, in dem sich ein „Buch der Gefallenen“ und ein „Buch der Vermissten“ befänden. Das ist nicht richtig. Diese Bücher werden bereits seit einigen Jahren im Stadtarchiv aufbewahrt. Des weiteren führen Sie aus, dass einer der aufgelisteten ehemaligen städtischen Mitarbeiter Mitglied der SS-Totenkopf-Division gewesen sei, die fast ausschließlich zur Bewachung von Konzentrationslagern wie Auschwitz oder Buchenwald eingesetzt wurden. Ein weiterer ehemaliger Mitarbeiter sei SS-Rottenführer gewesen. Hierzu stelle ich fest, dass nach intensiven Recherchen des Stadtarchivs im Bundesarchiv und auch im Militärarchiv Freiburg nicht belegt werden kann, dass die beiden ehemaligen Mitarbeiter zu den Bewachungsmannschaften der Konzentrationslager gehörten. Insoweit stützt sich dieser Teil Ihrer Begründung nicht auf Tatsachen, sondern enthält lediglich unbewiesene Behauptungen oder besser: Vermutungen.

 

Ferner haben Sie in der Begründung die Auffassung vertreten, die Ehrung auf dem Stadtfriedhof finde in einer zweifelhaften Form statt. Sie beziehen sich dabei auf Vorgänge aus dem Jahr 2013 und wiederholen meine Äußerung in der Braunschweiger Zeitung aus diesem Jahr, man wolle im „Gespräch mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ Möglichkeiten suchen, dass künftig „insbesondere extreme politische Gruppierungen keine Gelegenheit erhalten, die Veranstaltung für ihre Zwecke zu nutzen.“ Dazu behaupten Sie: Doch das ist offensichtlich nicht geschehen.

 

Auch diese Behauptung ist schlicht falsch. Selbstverständlich habe ich in diesem Jahr, wie übrigens auch in den Vorjahren, im Vorfeld der Gedenkfeier Gespräche mit dem Bezirksvorsitzenden des Volksbundes, dem Geschäftsführer des Volksbundes sowie der Polizei geführt. Die Veranstaltung verlief nach dem Urteil der Organisatoren und der Polizei störungsfrei.

 

Die zusätzliche Behauptung, die diesjährige Kranzniederlegung sei ein Tummelplatz von Rechten gewesen, ist aus meiner Sicht haltlos. An der Gedenkfeier haben schätzungsweise 40 bis 50 Personen teilgenommen. Darunter waren einige wenige Personen, die dem äußerst rechten politischen Spektrum zuzuordnen sind. Die Vertreter des Volksbundes, die zu dieser Zeit als Veranstalter das Hausrecht ausübten, hatten sich entschieden, die Anwesenheit dieser Personen zu dulden, zugleich jedoch eine aktive Teilnahme, beispielsweise die Niederlegung von Blumensträußen oder Kränzen, untersagt. Der Begriff „Tummelplatz“ geht an dem tatsächlichen Geschehen vollständig vorbei. In einem nachgehenden Gespräch schließlich hat der Bezirksvorsitzende des Volksbundes klargestellt, dass seine Organisation auch in den kommenden Jahren die Gedenkfeier auf dem Stadtfriedhof ausrichten wird.

 

Die einzelnen Fragen beantworte ich im Übrigen wie folgt:

 

Frage 1:

Worin liegt der Grund für die besondere Ehrung der ehemaligen Mitarbeiter ab 1933 (bis 1945)?

 

Die Ehrung der gefallenen und vermissten ehemaligen Mitarbeiter der Stadtverwaltung durch die Niederlegung eines Kranzes am Ehrenschrein im Rathaus hat eine lange Tradition. Die erste Ehrung soll in den frühen 60-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, also vor über 50 Jahren, stattgefunden haben. Ich gehe davon aus, dass viele der gefallenen oder vermissten ehemaligen Mitarbeiter der Stadtverwaltung den Verantwortlichen im Rathaus damals persönlich bekannt waren. Das Gedenken am Volkstrauertag war dann sicherlich ein wichtiger Teil der Erinnerung an die noch nicht lange zurückliegenden Kriegsjahre. Mit dem Abstand einiger Jahrzehnte kann sicherlich darüber diskutiert werden, ob diese Form des Gedenkens weiter zeitgemäß ist. Ein zwingender Grund, auf die Ehrung zu verzichten, besteht meines Erachtens jedoch nicht und schon gar nicht mit Ihrer Begründung.

 

Frage 2:

Wäre es nicht sinnvoller, generell der Opfer des Nationalsozialismus und der Widerstandskämpferinnen und -kämpfer zu gedenken und die bisherige Ehrung am Ehrenschrein aufzugeben?

 

Die Frage enthält die Behauptung, sinnvoll könne nur das eine oder das andere, nicht aber beides sein. Diese Auffassung teile ich nicht. Im Übrigen wird im Rahmen der Gedenkfeier des Volksbundes auf dem Stadtfriedhof ausdrücklich aller Menschen gedacht, die infolge des Krieges ums Leben kamen. Im Rahmen dieser Gedenkfeier legen alljährlich der Oberbürgermeister oder die Bürgermeisterinnen Kränze für die Stadt Braunschweig nieder. Diese hochrangige städtische Vertretung belegt für mich eindrucksvoll, welche hohe Bedeutung die Stadt Braunschweig dem Gedenken an alle Kriegsopfer beimisst.

 

Frage 3:

Wie könnten die Kranzniederlegungen zukünftig ablaufen, ohne dass sie von Rechten für ihre Zwecke missbraucht werden?

 

Ich halte es für wichtig, angemessene Vorkehrungen dafür zu treffen, dass politische Extremisten diese Veranstaltung nicht für ihre politischen Zwecke instrumentalisieren können. Das ist in der Stadt Braunschweig seit den Vorkommnissen im Jahr 2013 gelungen. In dieser Einschätzung weiß ich mich einig mit großen Teilen des Rates der Stadt Braunschweig sowie dem Volksbund als Veranstalter und der Polizei. Weiteren Handlungsbedarf sehe ich derzeit nicht.

 

 


Anlage/n:

keine

 

 

Stammbaum:
16-03375   Volkstrauertag würdig begehen   0100 Steuerungsdienst   Anfrage (öffentlich)
16-03375-01   Volkstrauertag würdig begehen   DEZERNAT II - Organisations-, Personal- und Ordnungsdezernat   Stellungnahme

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