Rat und Stadtbezirksräte
Vorlage - 18-09462
|
Sachverhalt:
Beschlusskompetenz:
Bei der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mascheroder- und Rautheimer Holz“ in der Stadt Braunschweig handelt es sich um eine Verordnung im Sinne von § 58 Abs. 1 Nr. 5 NKomVG. Daher besteht die Beschlusszuständigkeit des Rates.
Mit dem vorgelegten Entwurf einer Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mascheroder- und Rautheimer Holz“ soll ein ca. 155 ha großes Gebiet dauerhaft als Naturschutzgebiet gesichert werden.
Rechtlicher Rahmen:
Im Jahr 1992 hat der Rat der EG mit dem Ziel, die biologische Vielfalt in Europa zu erhalten, die Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen - Fauna-Flora-Habitat (FFH)-Richtlinie - erlassen. Die sogenannten FFH-Gebiete bilden gemeinsam mit den EU-Vogelschutzgebieten ein europaweit vernetztes Schutzgebietssystem mit der Bezeichnung „Natura 2000“.
Im Rahmen der Umsetzung der FFH-Richtlinie waren von den Mitgliedsstaaten der EG ge-eignete Gebiete zu melden, aus denen die Europäische Kommission eine Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung erstellt hat. Die europäischen Mitgliedsstaaten sind ver-pflichtet, diese Gebiete nach Aufstellung der nationalen FFH-Gebietslisten so zu sichern, dass ein günstiger Erhaltungszustand gewahrt bzw. wiederhergestellt werden kann. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, diese Gebiete unter Schutz zu stellen (vgl. Art. 4 Abs. 4 FFH-Richtlinie).
Um der Verpflichtung nachzukommen und einem bereits anhängigen Vertragsverletzungs-verfahren der EU gegen die Bundesrepublik Deutschland entgegenzuwirken, sind alle noch offenen Sicherungsverfahren im Land Niedersachsen nach Maßgabe des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz (im Folgenden: MU) bis Ende des Jahres 2018 abzuschließen.
Für den Bereich der Stadt Braunschweig wurde u. a. das FFH-Gebiet 365 „Wälder und Klein-gewässer zwischen Mascherode und Cremlingen “ als FFH-Gebiet von der ehemaligen Be-zirksregierung gemeldet und seitens der EU-Kommission anerkannt. Der überwiegende Teil (120 ha von 155 ha) des zur Ausweisung als Naturschutzgebiet vorgesehenen Waldes ist somit FFH-Gebiet (Nr. 365).
Dieses Gebiet ist vor dem vorgenannten Hintergrund entsprechend zu sichern. Dies soll mit der beabsichtigten Naturschutzgebietsverordnung erfolgen. Die momentane Landschafts-schutzgebiets-VO (LSG-VO) deckt diese Anforderungen nicht ab.
Im Landschaftsrahmenplan (LRP) wurde bereits die naturschutzfachliche Einordnung in die Schutzgebietssystematik des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) vorgenommen. Da-nach erfüllt das gesamte Gebiet u. a. aufgrund seiner Funktion im Biotopverbund mit gemeinschaftlicher Bedeutung für Waldgebiete und der Vorkommen hochgradig bestandsgefährdeter oder im Regionsgebiet seltener und gefährdeter Arten und Lebensraumtypen die fachlichen Voraussetzungen als Naturschutzgebiet. Das Regionale Raumordnungsprogramm wiederum hat das Gebiet zu einem Vorrangebiet für Natur und Landschaft erklärt.
Verfahrensablauf:
Das Unterschutzstellungsverfahren unterliegt einem gesetzlich vorgeschriebenen Ablauf (vgl. § 14 Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGB-NatSchG)).
Diesem Verfahren wird seitens der Verwaltung nicht nur gefolgt. Vielmehr hat die Verwaltung über die gesetzlichen Erfordernisse hinaus erhebliche Anstrengungen unternommen, um Ak-teure, die durch die geplante Naturschutzgebietsverordnung potentiell berührt werden könn-ten, miteinzubeziehen.
Der Entwurf der Schutzgebietsverordnung wurde bereits im Vorfeld (2016) mit dem Nieder-sächsischen Forstamt sowie den Forstgenossenschaften Mascherode und Rautheim erörtert. Aufgrund der von dort vorgebrachten Einwendungen fand eine erste Überarbeitung des Entwurfs der Schutzgebietsverordnung statt.
Anhand dieses überarbeiteten Entwurfs erfolgte Anfang 2017 die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, der anerkannten Naturschutzvereinigungen sowie der Beauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege. Im Anschluss fand im September 2017 die öffentliche Auslegung statt, im Rahmen derer jeder Bürger Anregungen und Bedenken hinsichtlich der geplanten Unterschutzstellung vorbringen konnte. Darüber hinaus gab es am 15. März 2018 eine öffentliche Informationsveranstaltung, bei der anschließend umfassend auf sämtliche Fragen der Öffentlichkeit eingegangen wurde.
Ferner ist der Entwurf der Verordnung mit dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Was-serwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) abgestimmt und wurde zusätzlich dem MU vorgelegt.
Bei einem abschließenden Termin am 20. April 2018 mit Vertretern der beiden Forstgenos-senschaften sowie dem betreuenden Förster wurde der Entwurf der Verordnung in der vorlie-genden Beschlussfassung goutiert, nachdem hinsichtlich der Einwendungen der Forstgenos-senschaften, insbesondere hinsichtlich der Problematiken der „Eichenverjüngung“ sowie der erforderlichen Habitatbaumanzahl, Regelungen gefunden wurden, die eine Bewirtschaftung und auch die naturschutzfachlichen Anforderungen hinreichend sicherstellen.
Nutzungsmöglichkeiten:
Die Verwaltung hat in enger Abstimmung mit dem NLWKN geprüft, wie die bisherigen Nut-zungen des Waldgebietes (u. a. von Kindern zum Spielen, insbesondere in den Randberei-chen der Wege) im Einklang mit den Erhaltungszielen sowie dem Schutzzweck der beabsichtigten Schutzgebietsausweisung möglichst fortgeführt werden können.
Als Ergebnis dieser Prüfung ist u. a. ein Naturerfahrungsbereich vorgesehen, in dem insbe-sondere Kindern weiterhin das Betreten des geplanten Naturschutzgebietes uneingeschränkt möglich bleiben soll.
Ferner ist in der geplanten Verordnung vorgesehen, das Betreten des Wegeseitenraumes an siedlungsnahen Wegen sowie des gesamten Raumes zwischen diesen Wegen und der Siedlung freizustellen. Weiterhin soll im Rahmen des wichtigen Aspekts der Umweltbildung sogar das Betreten des gesamten Gebietes zur wissenschaftlichen Forschung und Lehre sowie Information und Bildung - mit vorheriger Zustimmung der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde - möglich bleiben.
Über ein das Waldgebiet erschließendes Netz von bereits bestehenden Wegen bzw. Tram-pelpfaden (Wegekonzept), welches in der anliegenden Karte (Anlage 3) dargestellt ist, ist auch das Begehen des Waldgebietes, insbesondere zur Erholungsnutzung, weiterhin möglich.
Für die Nutzer der Sportanlage des TV-Mascherode sowie des Schießstandes des Kleinkali-berschützenvereins Mascherode sind zudem keine Einschränkungen zu befürchten, da diese im Mascheroder Holz nicht Bestandteil des Naturschutzgebietes werden sollen. Vielmehr werden die Anlagen der beiden Vereine erstmalig von jedweder Schutzgebietsüberlagerung ausgenommen. Auch die Flutlichtnutzung kann im bisherigen Rahmen uneingeschränkt wei-terhin erfolgen.
Die gefundenen Regelungen ermöglichen nach Auffassung der Verwaltung einen ausgewo-genen Ausgleich zwischen dem berechtigten Nutzungs- und Erholungsinteresse der Bürger auf der einen Seite und den Belangen des Naturschutzes auf der anderen Seite. Zudem wer-den die Nutzungen des Schutzgebietes, insbesondere die ordnungsgemäße Forstwirtschaft, nicht mehr als erforderliche Einschränkungen unterworfen. Dabei wird hinsichtlich der Bewirt-schaftungsvorgaben auch berücksichtigt, dass insbesondere Eichenwälder für ihren langfris-tigen Erhalt auf den hier vorherrschenden Standorten einer steuernden Einflussnahme bedürfen.
Beschluss:
„Die als Anlage 1 beigefügte Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mascheroder- und Rautheimer Holz“ in der Stadt Braunschweig (NSG BR 153) wird in der anliegenden Form beschlossen.
Gleichzeitig wird die derzeit geltende Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet
„Mascheroder-, Rautheimer- und Salzdahlumer Holz“ in den Landkreisen Braunschweig und Wolfenbüttel vom 17. September 1969 im Geltungsbereich der Stadt Braunschweig aufgehoben.“
Anlagen:
Anlage 1: Entwurf der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mascheroder- und Rautheimer Holz“; maßgebliche Karte „Karte zur Verordnung über das Naturschutzgebiet Mascheroder- und Rautheimer Holz“ 1:10.000;
Anlage 2: Übersichtskarte „Karte zur Verordnung über das Naturschutzgebiet Mascheroder- und Rautheimer Holz“ 1:50.000
Anlage 3: Forstliche Freistellungen und Betretensrechte „Karte zur Verordnung über das Naturschutzgebiet Mascheroder- und Rautheimer Holz“ 1:10.000
Anlage 4: Begründung für die Unterschutzstellung des Naturschutzgebietes BR 153 „Mascheroder- und Rautheimer Holz“
Anlage 5: Tabelle der Einwendungen samt Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde
![]() | ||||
Anlagen: | ||||
Nr. | Name | |||
![]() |
1 | Anlage 1: Entwurf der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Mascheroder- und Rautheimer Holz“ (285 KB) | ||
![]() |
2 | Maßgebliche Karte zu Anlage 1 (1558 KB) | ||
![]() |
3 | Anlage 2: Übersichtskarte (2054 KB) | ||
![]() |
4 | Anlage 3: Forstliche Freistellungen und Betretensrechte (1570 KB) | ||
![]() |
5 | Anlage 4: Begründung für die Unterschutzstellung des Naturschutzgebietes BR 153 „Mascheroder- und Rautheimer Holz“ (205 KB) | ||
![]() |
6 | Anlage 5: Tabelle der Einwendungen (784 KB) |
|