Rat und Stadtbezirksräte

Vorlage - 20-12751  

Betreff: Neubau der Helene-Engelbrecht-Schule an der Salzdahlumer Str. 85 auf dem Grundstück der Heinrich-Büssing-Schule
Grundsatzentscheidung und weiteres Vorgehen
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage
Federführend:65 Fachbereich Hochbau und Gebäudemanagement   
Beratungsfolge:
Bauausschuss Vorberatung
10.03.2020 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen   
Verwaltungsausschuss Vorberatung
17.03.2020    Sitzung des Verwaltungsausschusses      
Rat der Stadt Braunschweig Entscheidung
24.03.2020 
Sitzung des Rates der Stadt Braunschweig ungeändert beschlossen   

Sachverhalt
Beschlussvorschlag
Anlage/n

Sachverhalt:

 

1. Hintergrund

Mit Ds. 19-10591 wurde am 18.06.2019 im VA der Beschluss gefasst, dass die Helene-Engelbrecht-Schule (HES) an den Standort der Heinrich-Büssing-Schule (HBS) verlagert wird. Der Beschluss erfolgte vor dem Hintergrund des abgängigen Bestandsgebäudes der HES, das den Raumbedarf der Schule auch nach Sanierung nicht erfüllen könnte. In genannter Drucksache wurde ebenfalls auf die Wirtschaftlichkeit eines Neubaus gegenüber der Sanierung eingegangen.

 

Für die erforderliche, zeitnahe Erstellung des Neubaus sind für eine Umsetzung in Eigenrealisierung in der Bauverwaltung keine Kapazitäten verfügbar. Daher wurde die Verwaltung beauftragt, von der Partnerschaft Deutschland - Berater der öffentlichen Hand GmbH (PD) in einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung die Realisierung der Neubaumaßnahme im Rahmen eines partnerschaftlichen Modells untersuchen zu lassen.

 

Mit Ds-Nr.:19-11119-01 wurden die Gründe zur Auswahl der HES als Projekt in alternativer Beschaffungsvariante dargelegt und begründet. Mit Ds.-Nr. 19-12306 wurde darüber hinaus die vorgesehene Modellvariante der alternativen Beschaffung hergeleitet.

 

2. Sachstand

Der Bau soll aus städtebaulichen und verkehrlichen Gründen auf dem vorderen, zur Salzdahlumer Straße angrenzenden Grundstücksteil realisiert werden.

 

Die PD wurde gemäß des VA-Beschlusses mit der Durchführung einer vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (vWU) beauftragt. Die Erstellung erfolgte in Rahmen eines für die Stadt unentgeltlichen Investitionsberatungsauftrages des Bundesministeriums der Finanzen.

 

2.1 Inhalt der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (vWU)

Die PD hat die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung auf Basis der durch die Stadt vorgegebenen Rahmenbedingungen erarbeitet.

 

Folgende Parameter sind in die Betrachtung eingeflossen:

 

  • Errichtung Neubau nach Raumprogramm auf Basis des Entwurfs von FB 40,
    Stand 20.02.2019
  • Verlegung des vorhandenen Garagengebäudes (Geb. 09)
  • Rückbau und Errichtung an anderer Stelle des Lehrerparkplatzes
  • Betrachtung der relevanten Daten aus den Bestandsgebäuden
  • Städtische Finanzierungskonditionen

 

Im Rahmen der vWU wurde die Eigenrealisierung der alternativen Beschaffungsvariante "erweitertes Totalunternehmer-Modell" (erw. TU-Modell) gegenübergestellt, welche gemäß Ds. 19-12306 vorgesehen wird.

 

Die betrachteten Modelle sind (s. Abbildung 1):

 

•  Eigenrealisierung (Public Sector Comparator, kurz PSC)

•  Erweitertes Totalunternehmer-Modell (TU-Modell)

 

 

 

Abb. 1: Darstellung der betrachteten Beschaffungsmodelle

 

Die PD hat den Leistungsumfang sowie Schnittstellen der beiden Beschaffungsmodelle in Abstimmung mit der Stadt definiert. Zudem erfolgte eine Risikoanalyse mit Szenarioanalyse. Die Finanzierung wurde für die alternativen Beschaffungen mit Bauzwischenfinanzierung durch den Auftragnehmer und Endfinanzierung über eine Forfaitierung mit Einredeverzicht angenommen. Eine Eigenfinanzierung über Kommunalkredit wurde zugunsten der Übertragung von Risiken durch Forfaitierung (insbesondere Terminrisiko) nicht betrachtet.

Im Rahmen der Erstellung der Vergabeunterlagen ist eine Anpassung des Finanzierungsmodells möglich. Dabei sind auch Modelle denkbar, bei dem Tilgungsleistungen über die Kreditlaufzeit den Abschreibungen entsprechen und am Ende der Kreditlaufzeit ein verbleibender Restwert in einer Summe ausgeglichen (und danach von der Stadt finanziert) wird, um somit eine identische Dauer von Kreditlaufzeit und Nutzungszeit des Gebäudes zu erreichen.

 

Da es sich bei einer Forfaitierung mit Einredeverzicht um ein kreditähnliches Rechtsgeschäft handelt, bedarf diese der Einbindung und Genehmigung durch die Kommunalaufsicht.

 

Die beiden genannten Beschaffungsvarianten wurden vergleichend gemäß bundeseinheitlicher Methodik für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen gegenübergestellt. Bei beiden Varianten bleibt das Eigentum bei der Stadt. Es wurde ein Leistungsspektrum von Planung, Bau, Bauzeitfinanzierung, Instandhaltung über 20 Jahre nach Fertigstellung zzgl. 3,5-jähriger Planungs- und Bauphase betrachtet.

 

Bei dem erweiterten TU-Modell erfolgt ein ganzheitlicher Ansatz der Leistungserbringung. Der zentrale Auftragnehmer (AN) übernimmt die konzeptionelle Verzahnung und Integration von Planungs-, Bau-, Finanzierungs- und Instandhaltungsleistungen. Die Instandhaltungsleistungen übernimmt der AN für 20 Jahre. Bei der Stadt verbleiben insbesondere das infrastrukturelle Gebäudemanagement (insb. Verkehrssicherungspflicht, Reinigung, Außenanlagen) sowie Controlling-Leistungen.

 

2.2 Ergebnis der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung

Die vWU weist im Ergebnis einen Barwert der einzelnen Beschaffungsvarianten aus. Der Barwert spiegelt den heutigen Zeitwert aller zukünftigen Kosten für Planung, Bau, Finanzierung, Instandhaltung der Schule für den kompletten Betrachtungszeitraum wider. Diese Summe wäre demnach heute zu finanzieren, um alle zukünftigen Forderungen des Vorhabens zu jedem Zeitpunkt der Vertragslaufzeit begleichen zu können. Insofern beinhaltet der Barwert neben den Investitionen und deren Finanzierung (Zins und Tilgung) auch die für die Nutzung der Schule langfristig erforderlichen Instandhaltungsleistungen sowie alle für die Umsetzung notwendigen Transaktions- und Verwaltungskosten auf Seiten der Stadt Braunschweig.

 

Die Werte sind daher nicht mit den häufig kommunizierten, notwendigen Baukosten zu vergleichen.

 

Zur Absicherung der Preisentwicklungen sind alle Zahlungsströme anhand der jeweiligen Zeitreihen des statistischen Bundesamtes fortgeschrieben und indexiert worden.

 

In den betrachteten Kosten sind darüber hinaus Risikokosten enthalten, um die unterschiedliche Risikoteilung in den Beschaffungsvarianten bewerten zu können. Typische Risiken, die in der vWU berücksichtigt wurden sind bspw. Risiken aus dem Genehmigungsverfahren, Baukosten und Bauzeitrisiken aufgrund der Komplexität des Gebäudes, das Risiko durch Mängel nach Ablauf der Gewährleistung und das Risiko der unterlassenen Instandhaltung.

 

In der alternativen Beschaffungsvariante wurde unterstellt, dass die Risikoteilung nach dem Grundsatz erfolgt, dass jeder Vertragspartner das Risiko trägt, das er am besten steuern kann. Dadurch können Risiken sachgerecht verteilt und die Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. die Kostenwirkung eines eingetretenen Risikos reduziert werden.

 

Die Eigenrealisierung (Public Sector Comparator, kurz PSC) stellt den Vergleichswert für die alternative Beschaffungsvariante dar und ist als Kostenobergrenze für den Neubau der HES definiert.

 

Das Ergebnis der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zeigt eine zu erwartende relative Vorteilhaftigkeit für das erweiterte TU-Modell i. H. v. 9,04 % gegenüber einer konventionellen Realisierung (s. Abbildung 3).

 

 

Abb. 2: Ergebnisübersicht der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung

 

2.2.1 Szenarioanalyse

Es wurde eine Szenarioanalyse durchgeführt, welche die Auswirkungen von veränderten Annahmen in Bezug auf Parameter, die zu maßgeblichen Änderungen im Ergebnis führen können, untersucht.

 

Die maßgeblichen Parameter sind:

 

 Risikofaktoren

 Effizienzannahmen

 Zinsniveau

 Diskontierungszins

 Wahl der Baufeld Variante

 Ansatz für verwaltungsseitigen Personaleinsatz

 

Die Annahmen wurden in einzelnen Szenarien entsprechend der in Abbildung 3dargestellten Änderungen angepasst und deren Auswirkung auf die relative Wirtschaftlichkeit des TU-Modells gegenüber der Eigenrealisierung dargestellt.

 

Die Ergebnisse der Szenarioanalyse sind in folgender Tabelle abgebildet:

 

 

Abb. 3: Szenarioanalyse

 

Die Ergebnisse der Szenarioanalyse zeigen, dass das Ergebnis des Wirtschaftlichkeits-vergleichs in Bezug auf die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der alternativen Beschaffungsvariante auch unter veränderten Annahmen stabil bleibt. In allen untersuchten Szenarien ist eine Wirtschaftlichkeit des erw. TU-Modells gegenüber der Eigenrealisierung zu erwarten.

 

2.3 Bewertung

Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zeigt, dass der wirtschaftliche Vorteil des erweiterten TU-Modells vor allem in der vertraglich geregelten Kosten- und Terminsicherheit sowie in der Übertragung des Schnittstellenrisikos zwischen den einzelnen Gewerken bzw. Auftragnehmern und den Lebenszyklusphasen begründet ist.

 

Die Vorteile können wie folgt zusammengefasst werden:

 

 Entlastung der Verwaltungskapazitäten durch Bündelung der wesentlichen gebäudebezogenen Leistungen für Planung, Bau und anschließender Instandhaltung der HES in einem Vertragspaket

 

 Planungssicherheit im Haushalt durch vertragliche Fixierung von Bau- und langfristigen Instandhaltungskosten

 

 Planungssicherheit durch vertragliche Fixierung der Bauzeit

 

 

3. Zeitplan und weiteres Vorgehen

Für den Neubau der HES ist von folgenden zeitlichen Meilensteinen auszugehen:

 

  • Beteiligung Bauausschuss und Stadtbezirksrat 213  10. März 2020
  • Beteiligung Verwaltungsausschuss    17. März 2020
  • Ratsentscheidung (Grundsatzbeschluss)   24. März 2020
  • Raumprogrammbeschluss      Mitte 2020
  • Auftragsvergabe wirtschaftliche und technische
    Beratungsleistung und Einbindung rechtlicher Beratung bis Juni 2020
  • Vorbereitung Vergabeverfahren    Juni 2020 – Juni 2021
  • Vergabeverfahren:       Juli 2021 – Mai 2022
  • Entscheidung des Rates über die Vergabe:   Mai/Juni 2022
  • Planungs- und Bauzeit:      2022 –2024

Es ist anzumerken, dass eine verbindliche Aussage sowohl zum notwendigen Zeitraum für das Vergabeverfahren als auch zur Planungs- und Bauzeit erst im Rahmen der Vorbereitung des Vergabeverfahrens bzw. mit Vorliegen der Angebote im Vergabeverfahren getroffen werden kann.

 

3.1 Baulicher Zustand HES Bestandsgebäude

Der bauliche Zustand der bestehenden HES wurde bereits mit Ds 19-10591 hinlänglich beschrieben. Die getroffenen Maßnahmen begründen eine brandschutztechnische Duldung der Nutzung bis einschließlich 2024. Darüber hinaus wurde ein Maßnahmenpaket abgestimmt, das eine Nutzung über 2024 hinaus ermöglicht, jedoch zur Vermeidung zusätzlicher Kosten vermieden werden sollte. Der bauliche Zustand wird weiterhin kontinuierlich durch einen Statiker überwacht, um mögliche auftretende Mängel frühzeitig zu entdecken die notwendigen Maßnahmen für einen Weiterbetrieb einleiten zu können. Zur Vermeidung unnötiger Kosten ist daher eine fristgerechte Fertigstellung vorzusehen.

 

3.2 Einbindung externer Berater

Für die Vorbereitung und Durchführung des Vergabeverfahrens (europaweites Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb) ist die Einbindung von wirtschaftlichem, technischem und juristischem Know-how und einer Projektsteuerung erforderlich. Die notwendigen wirtschaftlichen, technischen und Projektsteuerungsleistungen sollen über die PD im Zuge der Inhouse-Vergabe beauftragt werden. Die rechtliche Beratung muss gesondert extern beauftragt werden.

 

Die Beratungsleitungen gliedern sich in die Teilbereiche:

 

Vorbereitung Vergabeverfahren

 Wirtschaftliche Beratungsleistungen zur Vorbereitung des Vergabeverfahrens

 Technische Leistungen zur Vorbereitung des Vergabeverfahrens inkl. Erstellung der funktionalen Leistungsbeschreibungen

 Projektsteuerungsleistungen

 

Durchführung Vergabeverfahren für das erweiterte TU-Modell

 Wirtschaftliche Beratungsleistungen im Vergabeverfahren (Vorgeschalteter Teilnahmewettbewerb, Angebots- und Verhandlungsphase, abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Abschluss des Verfahrens)

 Technische Beratungsleistungen im Vergabeverfahren (Vorgeschalteter Teilnahmewettbewerb, Angebots- und Verhandlungsphase, abschließende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Abschluss des Verfahrens)

 Projektsteuerung während des Vergabeverfahrens

 

Die wirtschaftliche Beratung einschließlich der Projektsteuerung soll bei der PD liegen, die technischen Beratungsleitungen beim Ingenieurbüro Arcadis Germany GmbH als Nachunternehmer der PD.

 

Parallel wird die Stadt einen juristischen Berater beauftragen, das Vergabeverfahren vorzubereiten und zu begleiten sowie das Vertragscontrolling in der Umsetzungsphase zu übernehmen. Die Schnittstelle zum juristischen Berater wird ebenfalls durch die PD gesteuert. Die Angebotseinholung erfolgt durch die Stadt.

 

 

4. Zusammenfassung

Aus den in dieser Vorlage genannten Gründen wird vorgeschlagen, den Neubau der Helene-Engelbrecht-Schule im dargestellten, erweiterten TU-Modell vorzunehmen und die weiteren, hierfür erforderlichen Schritte umzusetzen.

 


Beschluss:

 

Die Ausschreibung eines partnerschaftlichen Modells zum Neubau der Helene-Engelbrecht-Schule (HES) ist auf Basis der nachstehenden Begründung vorzubereiten. Eine Vergabeentscheidung erfolgt nur, wenn die erzielten Ausschreibungsergebnisse der dann im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelten Kosten der Eigenerledigung entsprechen oder günstiger sind.

 


Anlage/n:

keine

 

Stammbaum:
20-12751   Neubau der Helene-Engelbrecht-Schule an der Salzdahlumer Str. 85 auf dem Grundstück der Heinrich-Büssing-Schule Grundsatzentscheidung und weiteres Vorgehen   65 Fachbereich Hochbau und Gebäudemanagement   Beschlussvorlage
20-13041   Änderungsantrag: Neubau der Helene-Engelbrecht-Schule an der Salzdahlumer Str. 85 auf dem Grundstück der Heinrich-Büssing-Schule, Grundsatzentscheidung und weiteres Vorgehen   0100 Steuerungsdienst   Antrag (öffentlich)
20-12751-01   Neubau der Helene-Engelbrecht-Schule an der Salzdahlumer Str. 85 auf dem Grundstück der Heinrich-Büssing-Schule Grundsatzentscheidung und weiteres Vorgehen   65 Fachbereich Hochbau und Gebäudemanagement   Mitteilung
20-13094   Neubau der Helene-Engelbrecht-Schule - Änderungsantrag zu DS 20-12751   0100 Steuerungsdienst   Antrag (öffentlich)

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